Karl Mays Henrystutzen
Verfasst: 22. Feb 2019, 09:27
Seid gegrüßt, ihr May-Fans!
Auch ich habe in meiner Jugendzeit Mays Bücher regelrecht verschlungen. Als langjähriger Sportschütze und beruflich auf wissenschaftlich-technischem Gebiet tätig, machte ich mir schon sehr früh Gedanken über den berühmten Henrystutzen, und ich musste mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen, dass man heute immer noch darüber diskutiert, ob er funktioniert haben könnte. Und deshalb ist es wohl an der Zeit, mit dem Irrtum aufzuräumen, dass Karl May etwas völlig Realitätsfremdes kreiiert habe. May war waffentechnisch ein absoluter Dilettant und hat irgendeine dubiose Information der Beschreibung seines "Henrystutzens" zugrunde gelegt. Immerhin fängt es real an. Ein polygones Eisenstück mit Bohrungen für die Patronen ist noch nachvollziehbar. Eine polygone Kugel schon nicht mehr. Sie wäre als Patronenkammer völlig ungeeignet. Schusskanäle dürfen sich nicht kreuzen. Eine Zündung aus dem Zentrum einer großen Kugel heraus wäre sehr kompliziert, zumal nur die halbe Kugel nutzbar wäre, denn welcher Schütze möchte die geladenen Kammer- Mündungen der anderen Hälfte nach hinten und damit direkt auf sich gerichtet sehen!
Aber May klärt, zwar spät, das Rätsel auf: "Paternosterlader" heisst das Zauberwort. Und jeder waffentechnisch Versierte, der schon einmal mit einem Paternoster gefahren ist, müsste eigentlich sofort Bescheid wissen. Der Begriff sagt alles und nimmt durch seine Eindeutigkeit sogar späteren Patentanmeldern moralisch den Wind aus den Segeln, weil May damit das Urheberrecht an diesem Prinzip, was den Einsatz an einer Schusswaffe betrifft, erworben hat. Und dieses Prinzip sagt nicht mehr und nicht weniger, als dass, im Gegensatz zu einem bekannten Magazin-Lader, nicht die einzelne Patrone, sondern die jeweilige, sie aufnehmende "Kammer", in irgend einer Weise vor den Lauf bewegt wird, in dem sie als miteinander über jeweils ein Gelenk verbundenes "Kammer-Glied" um zwei Drehpunkte, zwar nicht exzentrisch, aber fast elliptisch umläuft.
Das Prinzip ist, ganz im Gegensatz zu den bekannten nachgebauten Phantasie-Henrystutzen, sehr leicht technisch umsetzbar und ergäbe eine einfache, absolut zuverlässige Waffe. Das Repetieren kann, wie beim Trommelrevolver, durch Spannen des Hahnes erfolgen. Dabei wird die jeweils nächste Patrone an den (nicht in den !) Lauf geschoben. "Das Polygon ruckt weiter".
Leider lässt sich der Mangel jeder mechanisch arbeitenden Waffe, ihre enorme Empfindlichkeit gegen Verschmutzung und Deformation, nach dem häufig von May geschilderten Wegwerfen in den Straßenschmutz, oder bei Verwendung als Brecheisen bzw. Stütze bei Tunnelgrabungen, auch mit dieser Konstruktion nicht beheben.
Zur Fertigung werden keine besonderen Werkstoffe benötigt. Die Einzelteile sind unkompliziert. Jeder Büchsenmacher könnte an Hand von Konstruktionsunterlagen unter Zuhilfenahme von Bohr- Dreh- und Fräsmaschine einen "Paternosterlader" fertigen, der allerdings nur bei kleinstem Kaliber seine 25 Patronen aufnehmen könnte und sich sonst mit weniger begnügen muss. Aber die entscheidende Frage bleibt: Wem nützt dies heute noch?
Der Filmindustrie ist es gleich, was sich unter der Blechhaube eines "Henrystutzens" verbirgt.
Als (leider zunehmend unerwünschtes) Kinderspielzeug aus Plast, als Deko oder Salut aus einer Zinklegierung, wäre eine solche Waffe denkbar. Bei Sportschützen dürfte kaum Bedarf bestehen. Aber ich stelle diese Frage mal zur Diskussion.
Alles in Allem sollten die May-Fans erleichtert zur Kenntnis nehmen, dass ein Paternosterlader keinesfalls ein Phantasieprodukt sein muss und nur die Entwicklung moderner, vor allem aber wesentlich leichterer Blech-Magazine seine Weiterentwicklung überflüssig machte.
Karl May sei damit in dieser Frage rehabilitiert.
Schützen- Grüße von Bernhard
Auch ich habe in meiner Jugendzeit Mays Bücher regelrecht verschlungen. Als langjähriger Sportschütze und beruflich auf wissenschaftlich-technischem Gebiet tätig, machte ich mir schon sehr früh Gedanken über den berühmten Henrystutzen, und ich musste mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen, dass man heute immer noch darüber diskutiert, ob er funktioniert haben könnte. Und deshalb ist es wohl an der Zeit, mit dem Irrtum aufzuräumen, dass Karl May etwas völlig Realitätsfremdes kreiiert habe. May war waffentechnisch ein absoluter Dilettant und hat irgendeine dubiose Information der Beschreibung seines "Henrystutzens" zugrunde gelegt. Immerhin fängt es real an. Ein polygones Eisenstück mit Bohrungen für die Patronen ist noch nachvollziehbar. Eine polygone Kugel schon nicht mehr. Sie wäre als Patronenkammer völlig ungeeignet. Schusskanäle dürfen sich nicht kreuzen. Eine Zündung aus dem Zentrum einer großen Kugel heraus wäre sehr kompliziert, zumal nur die halbe Kugel nutzbar wäre, denn welcher Schütze möchte die geladenen Kammer- Mündungen der anderen Hälfte nach hinten und damit direkt auf sich gerichtet sehen!
Aber May klärt, zwar spät, das Rätsel auf: "Paternosterlader" heisst das Zauberwort. Und jeder waffentechnisch Versierte, der schon einmal mit einem Paternoster gefahren ist, müsste eigentlich sofort Bescheid wissen. Der Begriff sagt alles und nimmt durch seine Eindeutigkeit sogar späteren Patentanmeldern moralisch den Wind aus den Segeln, weil May damit das Urheberrecht an diesem Prinzip, was den Einsatz an einer Schusswaffe betrifft, erworben hat. Und dieses Prinzip sagt nicht mehr und nicht weniger, als dass, im Gegensatz zu einem bekannten Magazin-Lader, nicht die einzelne Patrone, sondern die jeweilige, sie aufnehmende "Kammer", in irgend einer Weise vor den Lauf bewegt wird, in dem sie als miteinander über jeweils ein Gelenk verbundenes "Kammer-Glied" um zwei Drehpunkte, zwar nicht exzentrisch, aber fast elliptisch umläuft.
Das Prinzip ist, ganz im Gegensatz zu den bekannten nachgebauten Phantasie-Henrystutzen, sehr leicht technisch umsetzbar und ergäbe eine einfache, absolut zuverlässige Waffe. Das Repetieren kann, wie beim Trommelrevolver, durch Spannen des Hahnes erfolgen. Dabei wird die jeweils nächste Patrone an den (nicht in den !) Lauf geschoben. "Das Polygon ruckt weiter".
Leider lässt sich der Mangel jeder mechanisch arbeitenden Waffe, ihre enorme Empfindlichkeit gegen Verschmutzung und Deformation, nach dem häufig von May geschilderten Wegwerfen in den Straßenschmutz, oder bei Verwendung als Brecheisen bzw. Stütze bei Tunnelgrabungen, auch mit dieser Konstruktion nicht beheben.
Zur Fertigung werden keine besonderen Werkstoffe benötigt. Die Einzelteile sind unkompliziert. Jeder Büchsenmacher könnte an Hand von Konstruktionsunterlagen unter Zuhilfenahme von Bohr- Dreh- und Fräsmaschine einen "Paternosterlader" fertigen, der allerdings nur bei kleinstem Kaliber seine 25 Patronen aufnehmen könnte und sich sonst mit weniger begnügen muss. Aber die entscheidende Frage bleibt: Wem nützt dies heute noch?
Der Filmindustrie ist es gleich, was sich unter der Blechhaube eines "Henrystutzens" verbirgt.
Als (leider zunehmend unerwünschtes) Kinderspielzeug aus Plast, als Deko oder Salut aus einer Zinklegierung, wäre eine solche Waffe denkbar. Bei Sportschützen dürfte kaum Bedarf bestehen. Aber ich stelle diese Frage mal zur Diskussion.
Alles in Allem sollten die May-Fans erleichtert zur Kenntnis nehmen, dass ein Paternosterlader keinesfalls ein Phantasieprodukt sein muss und nur die Entwicklung moderner, vor allem aber wesentlich leichterer Blech-Magazine seine Weiterentwicklung überflüssig machte.
Karl May sei damit in dieser Frage rehabilitiert.
Schützen- Grüße von Bernhard