Es handelt sich dabei in der Regel um Arbeiten ohne literarischen Anspruch. Bei Karl May ist das vor allem im Zusammenhang mit dem "Guten Kameraden" bekannt. Der Verlag hatte Druckstöcke am Lager, die schon einmal zur Illustrierung von Text verwendet worden waren und zu denen er sich zwecks Zweitverwertung neue Texte von Karl May wünschte. So sind - abgesehen von den Leserbriefantworten - sämtliche May-Kurztexte im "Guten Kameraden" entstanden. Letztlich hat das den Charakter einer Schulhausaufgabe. Karl May war halt jung und brauchte das Geld ...mugwort hat geschrieben:... habe gestern und heute wieder etwas gelernt (was nun wahrlich nicht jeder weiss und ein Greenhorn wie ich ohnehin nicht): Eine Illustration ist nicht notwendigerweise ein Bild zu einem Text (wie das heute allgemeine Sprachverständnis suggeriert), sondern - zur damaligen Zeit in diesen diversen Zeitschriften sogar häufig - ein Text zu einem Bild....
Als Joseph Kürschner von Spemann zur Deutschen Verlags-Anstalt wechselte, erinnerte er sich an diese Vorgänge und ließ Karl May ähnliche Aufträge zukommen (abgedruckt in "Illustrirte Welt" und "Illustrirte Romane aller Nationen" resp. "Aus Heimat und Fremde").
Dass es sich bei der "Todeskaravane" genau so verhielt, ist bisher nur eine Vermutung, aber eine nicht unbegründete. Denn es ist ökonomisch unsinnig, zu einem derart kurzen Text eine derart monströse Illustration anzufertigen. Ich habe das gerade noch einmal nachgemessen: 22 x 33,5 cm, noch dazu in einer Tageszeitung! Das Bild nimmt mehr als doppelt soviel Platz ein wie der gesamte dazu gehörige May-Text.
Das klärt natürlich nicht die Frage, wie Karl May auf das Sujet der Leichenzüge kam. Es könnte durch den Titel des Bildes "Die Todeskaravane auf dem Wege nach Kerbela" präjudiziert sein. Aber die Bildlegende muss nicht von Albert Richter, sondern könnte auch von der Redaktion stammen, die so einen Bezug zu Mays Text erst herstellte. Quellenstudium bleibt in diesem Punkt eine noch ungelöste Aufgabe. Man könnte in Karl Mays Bibliothek noch Textbelege finden. Aber es könnte auch helfen, eine frühere Verwendung des Holzstichs nachzuweisen.