Hallo in die Runde.
Ich bin durch Bekannte auf die Debatte in diesem Forum aufmerksam gemacht worden und finde die Stoßrichtung mancher Beiträge beachtlich.
Was haben wir?
Zynische Erbschleicher, die ein schnittiges Rennpferd namens "Karl May" abreiten, es gnadenlos zu Tode schinden, allein um Profit aus Marke und Ansehen zu schlagen, um des schnöden Mammons Willen?
Ich denke nicht. Vielmehr:
Einen kleinen drei-Mann-Indiependant Hörspielverlag, der im Nebenerwerb arbeitet, und der sich anno 2020 den insgesamt in punkto popkultureller Breitenwirkung arg ins Hintertreffen geratenen Themenkreisen Karl May und Winnetou annimmt. Und zwar auf eine recht May-Vorlagen-getreue Weise, im Gegensatz zu den meisten Festspiel-Inszenierungen.
Allein dafür gebührt dem Verlag aus meiner bescheidenen Fan-Sicht etwas Respekt. Nochmal: Ob sich mit May noch wie ehedem große Umsätze erwirtschaften lassen, wage ich persönlich zu bezweifeln. Von der CD "Unter Geiern" gibt es jedenfalls keine mehr und eine Neupressung scheint laut Verlag nicht lohnend zu sein.
Ich stelle dazu fest: einige Kritiker hier kennen die Hörspiele jedenfalls überhaupt nicht, sondern leben von den Trailern der Ohrenkneifer-Seite, die (so kann ich sagen, der ich die Hörspiele besitze) aber eben Trailer sind, also keine 1:1-Originalausschnitte, sondern Verdichtungen aus der Produktion, die Musik spielt hier durch, nicht aber im eigentlichen Hörspiel.
Der Verlag inszeniert (so lässt sich den auf CD erhältlichen Werkstattberichten entnehmen) im Bewusstsein, dass es zu den Stoffen bereits etliche Prodktionen gibt. Allein zum Silbersee finden sich um die 30 (!) Daten-Einträge bei
http://karl-may-hoerspiele.info. Ohrenkneifer äußert den Wunsch bzw die Hoffnung, trotz der Vielzahl an vorhandenen Inszenierungen dennoch eine neue Facette uns, dem Publikum, zu offerieren.
Das Verlags-Rezept lautet offensichtlich neben neuen Sprechern und Geräuschen: "Melodrama" und impliziert eine starke Betonung von Szenen-unterlegter Musik (im Gegensatz / Ergänzung zu Musik zwischen den Szenen).
keineswegs eine Erfindung von Ohrenkneifer, wie etwa Kenner der opulenten WDR-Hörspielproduktion "Der Orientzyklus" bestätigen werden.
Ein Rezept, welches man mögen kann oder verdammen - aber eine stärkere Betonung der Zutat Musik ist in vielen aktuellen kommerziellen Hörspielproduktionen zu finden, stille Inszenierungen wie weiland aus den frühen 1960er Jahren gibt es dagegen kaum noch.
Hier hat sich der Geschmack (der Macher, offenbar auch des Publikums verändert, etwas was betagteren Hörspielfreunden aufstoßen kann, natürlich). Aber vergessen wir nicht: das Melodram ist eben KEINE Erfindung, keine Unart der neueren Kinogeschichte, wie hier einigermaßen dreist behauptet wurde, sondern eher ein Reflex auf das Kino der Großväter, zb eines Max Steiners, dessen Film-Scores auch über weite Strecken in den Streifen spielten (zum Vergleich: King Kong).
Unerträglich tendenziös wird hier mit dem H. Wendlandt Zitat verfahren. Ich habe mir dir Dokumentation angesehen- Nicht nur, dass fast JEDER Filmausschnitt der ersten 40 Minuten Musikuntermalung aufbietet. Wendlandt und sein reichlich selbstdarstellerischer Fragensteller Schlöndorff ergehen sich sogar in Schwelgerei über die additive Kraft von Musik - von richtig gesetzter Musik - für eine Filmhandlung.
Aus dieser - offensichtlichen - Fürsprache für Filmmusik und suggestiver Kraft der Musik im Film das Käuzchen-Zitat herauszubrechen hat niederträchtige Chuzpe. Aber offenbart offensichtlich keinerlei Kennerschaft.