Neue Fundstelle für "Winnetou. Eine Reiseerinnerung&quo

alteskrokodil

Neue Fundstelle für "Winnetou. Eine Reiseerinnerung&quo

Beitrag von alteskrokodil »

Liebe Karl-May-Freunde,

nach dem Zufallsfund der 4 Regensburger Marienkalender habe ich mich, wie das alte Antiquare so tun, ein wenig an bibliographische Stöbereien gemacht, angeregt auch durch die faszinierende Lektüre der alten Nummern der "Mitteilungen" der KMG, die ein guter Geist eingescannt hat- eine Fundgrube. Ich las mich darin fest bis heute früh fünf Uhr, als die ersten Vögel sangen.

Da war ich nun in der rechten Stimmung, nach dem Frühstück (das so früh nicht war) aufs Geradewohl in bestimmte Regionen meines Kellers hinabzusteigen. Das ist wie ein Abtragen archäologischer Schichten, denn 30 Jahre Arbeit als Antiquar liegen da, nach irrealen Prinzipien in glücklicheren, weil jüngeren Jahren aufgetürmt.

Man entwickelt da so einen gewissen Jagdinstinkt. Der Jäger "ahnt" ja auch: In diesem Gebüsch, über jene Lichtung dort trabt die Sau herbei, wenn wir Glück haben, vielleicht, wer weiß.

Sie trabte heute in Gestalt eines schweren alten Bandes, den ich zunächst bibliographisch schildere:

D'r Meiselocker / D'r Maikäfer. B e i l a g e.
Druck und Verlag von Ed. Hubert, Straßburg
(erscheint wöchentlich)
Jg. -ohne Zählung- 1890, (und Teil von 1889)
416 (und ca. 150) S., hier betreffend die Nr. 8 und Nr.9
Gartenlauben-Format, mit sehr vielen (teils originellen und seltenen) Holzstichen

Seltsam ist, daß niemand, auch die Bibliothèque Universitaire und die Stadtbücherei Straßburg nicht, so recht hinter die Zwitternatur dieses Blattes gestiegen sind. Auf den ersten Blick würde mans für eine Zeitungsbeilage halten. Die hatten in Straßburg gern Dialektnamen. Aber es gibt Hinweise, daß zumindest zeitweilig d'r Meiselocker / Maikäfer - wohl zu unterscheiden von dem Blatt, das n u r D'r Meiselocker hieß - ein selbständiges Dialekt-, Witz und Lokalkolorit-Unterhaltungsblatt war, ich sollte noch einige Jahrgänge haben, irgendwo im Keller nebendran.

Also handelt es sich, nun kommen wir der Sache näher, um die B e i l a g e nicht etwa einer Zeitung, sondern eines W o c h e n b l a t t s. Aber das ist gar nicht so sicher, denn der Verleger, der sein Blatt über mehrere Jahrzehnte schlecht und recht hinüberrettete, war ziemlich seltsam organisiert.

Ich höre den Zuruf: Aber dann ist es doch sicher das Produkt einer B e i l a g e n f a b r i k? Ist es definitiv nicht. Ich habe möglicherweise die größte Sammlung solcher "standardisierter" Zeitungsbeilagen, von Greiner + Pfeiffer über die Badenia bis zu Broschek usw. Sowas liegt hier nicht vor.

Was wir uns fragen müssen: Hat Hubert in Straßburg mit M a t e r n einer M a t e r n k o r r e s p o n d e n z gedruckt?

Ich glaube etwas zu verstehen von der Typographie jener Jahre und möchte sagen: Nein. Das hat er selber gesetzt und gedruckt. Für mich steht das anhand des Druckbilds außer Frage.

Hat Hubert den Text einfach geklaut? 1890 war May kein Unbekannter mehr, auch im Elsaß galten die Urheberrechte, das war ja nicht der wilde Westen. Hatte KM nicht auch bei ähnlichen Nachdrucken ohne Berührungsängste kleine Verkaufsaktionen seiner kürzeren Texte unternommen?

Vor allem aber: Handelt es sich um den unveränderten Text, den uns Plaul unter Nr. 77 nachweist:

"Winnetou. Eine Reiseerinnerung" in:
Omnibus. Illustriertes Wochenblatt. Hamburg: Rosenberg, 1 8 7 8.

Die Seitenzahl legt es nahe.

Aber das wüßte ich dann schon gern genauer.

Ich biete den schweren Band mit dem ganzen Jg. 1890 und einem Teil des Jahrgangs 1889 in befriedigendem Zustand heute gegen Abend in ebay an, für drei Tage. Die Scans erfassen den ganzen Text und sollten dort bei ebay auch lesbar sein. Kopien sonst auch direkt von mir auf Anfrage, sofern Sie umfangreiche Attachements durch Ihre Virenkontrolle hindurchbekommen.

Die Verfilmung bei der Straßburger Bibliothek läßt darauf schließen, daß es für dieses Jahr k e i n anderes Exemplar gibt. Somit wäre mein Angebot mit einiger Sicherheit - wofern ich selber nicht noch ein Doppel habe, was möglich ist - fast ein U n i k a t.

Vielleicht läßt sich das Herz der KM-Sammler, die immer nur ihre schönen Fehlsenfelds sammeln wollen und sonst nix, für einmal doch erwärmen? Zumal W i n n e t o u ja zweifellos ein Kerntext des Altmeisters ist.

Freundlich grüßt

Peter Mulzer in Freiburg
alteskrokodil

Wildwestdrama bei ebay

Beitrag von alteskrokodil »

Liebe Karl-May-Freunde,

nach der Versteigerung am Montag Abend hat sich jene Tragödie abgespielt, die bei ebay nur den gewerblichen Händlern ins Haus steht. Die sind nämlich allen Stimmungsschwankungen der Ersteigerer v ö l l i g hilflos ausgesetzt - der Ersteigerer wirft alle Mitbewerber aus dem Feld, und dann - - post festum, in diesem Fall vier Stunden nach der Versteigerung, verkündet er dem verdutzten Verkäufer, er trete vom Kauf zurück, man möge nicht böse sein, es seien rein persönliche Gründe maßgebend.

Diese Rechtlosigkeit, die einer wahren V o g e l f r e i h e i t der gewerblichen Anbieter bei ebay gleichkommt, ist fürchterlich. Nach bisher - nachweisbar - 3500 Verkäufen und bald 2000 Bewertungen, mein ebay-Pseudonym ist "alteskrokodil", war dies buchstäblich das e r s t e M a l, und gerade dort, wo ich mich aufrichtig über mein Angebot gefreut hatte..

Die Gelegenheit hätte gar nicht peinlicher sein können. Der Ruf der Ware ist natürlich - völlig grundlos - dahin, man kann froh sein, wenn beim zweiten Mal ein paar Euro rüberkommen. Denn ist nicht etwas faul an der Ware?

N e i n, es ist alles wie beschrieben. Vielmehr mußte der Meistbietende seinerseits beobachten, daß ein ehrenwertes Mitglied der KM-Gemeine im Preis mitgeboten hatte. Dadurch schien es dem Höchstbietenden sinnvoll und notwendig, mich, der ich mit diesen Auseinandersetzungen innerhalb der KM-Gemeinde n i c h t s zu tun habe, schlicht und ergreifend im Regen stehen zu lassen.

Das darf er, und seine Emails waren auch liebenswürdig, ich versuchte ihn zu verstehen, aber es ist mir bis zur Stunde nicht ganz gelungen...

Fazit: Es wurde ein Wildweststück von zwei Spitzenkräften der KM-Gemeinde aufgeführt. Auf der Strecke liegen tot ein seltener, bisher unbekannter Druck und ein Buchantiquar.

Auf dem Friedhof vor der Prairiestadt singt die Methodistengemeinde der Siedler ein kurzes Lied, dann poltert der schlichte Fichtenholzsarg in die Grube. Kurzen Prozeß mit ihm, er ist ja nur ein Büchertrödler.

Wir aber sind die KM-Experten und ja Respektspersonen. Geschieht ihm recht, dem Koofmich.
alteskrokodil

KM in ebay - die Risiken

Beitrag von alteskrokodil »

1.
Am Himmelfahrtstag darf getrost bemerkt werden, daß meine erste Formulierung "KM-Gemeine" absolut nicht abfällig gemeint war, sondern sich bei mir immer wieder einschleicht, weil ich vielfältige Beziehungen zu Königsfeld und zur Brüdergemeine habe. Ich wette, daß über die Herrnhuter/ Gnadauer Indianermissionen auch Beziehungen zu KM herstellbar sind... Also "Gemeine" ist nicht abfällig gedacht gewesen, eher das Gegenteil.

2.
Die oben angesprochene ebay-Problematik betrifft die KM-Gemeinde ganz unmittelbar. Bisher war und ist natürlich immer noch Antiquariats-Kollege Kiefer, und nicht ebay, unangefochtene erste Adresse für gehobene KM-Angebote . Er hat seinerzeit auch meine Waldröschen-Lieferungsausgaben hervorragend versteigert, ein ganz ausgezeichneter und gewissenhafter Antiquar. Ich habe dort vor einer Reihe von Jahren mit Vergnügen Kaffee getrunken und erinnere mich heute noch gern an den klugen Antiquar und Versteigerer.

Es geht also nicht um Kompetenzfragen, wenn ich gestehe, versucht zu haben in den letzten zwei Jahren, e b a y als gleichwertiges KM-Absatzinstrument für mich selbst einzusetzen. In der Tat sind die höchst anschaulichen und beweiskräftigen ebay-Scans zusammen mit dem schnellen Umschlag und einer gar nicht so schlechten Kundenkonntrolle durch ebay pfiffige und sinnvolle Instrumente. Ich schätze ein, daß ebay sowohl ZVAB wie die hergebrachten Versteigerungshäuser aufrollen und übernehmen wird - wenn es eine Reihe von Hausaufgaben macht.

3.
Das Versteigerunssystem an sich ist g e r e c h t. Seit 200 Jahren, im Wesentlichen sind es Londoner Traditionen, gilt der letzte Zuschlag als b i n d e n d. Wäre das nicht so, würde das Versteigern sofort völlig s i n n l o s . Das kann sich jeder im Absatzwesen Tätige unter Ihnen an fünf Fingern herleiten.

Nun hat der deutsche Gesetzgeber, offenbar durch jahrelange Vorbereitung zu einer Zeit, als die Tragweite und Funktionsfähigkeit von ebay noch ziemlich unklar war in den Juristenköpfen, endgültig entschieden vor einem Dreivierteljahr, daß ebay "keine Versteigerungen" durchführe, weil... weil... - - die Begründung ist, als Nebenfachjurist seis mir gestattet, völlig grotesk, lachhaft und einsamer Leuchtturm deutscher Juristen-Weltferne und Haarspalterei.

Das hat der Privatanbieter bei ebay kaum registriert, weil es ihn nicht betrifft. Wohl aber sahen wir gewerblichen Anbieter, daß nun eine brandgefährliche Lücke im System bestand, die

*die Grundgesetze des Versteigerns ad absurdum führen und den gewerblichen Anbieter zum
*völlig recht- und hilflosen Spielball des privaten Bieters

machen mußte. Nun kam alles darauf an (ich sitze in einigen ebay-Händlerforen): Würden die ebay-Kunden diese L ü c k e im System erkennen und ausnutzen? Wir wußten alle - es war eine Frage der F a i r n e ß.

Ich gehörte zu denen, die damals schrieben: Macht euch keine Sorgen, die Ebayer werden den Teufel tun und das ausnutzen, denn jedem ist ja klar, daß in der Konsequenz dann die gewerblichen Anbieter schlagartig aus den ebay-Versteigerungen verschwinden würden. Und so war es auch: Wir schrieben es in die Klauseln, aber jeder unter unseren Kunden wußte ganz offenbar, daß man das nicht ausnutzen dürfe.

3.
Das hat nichts mit Sentimentalität oder Gefühlsduselei zu tun. Vielmehr ist es gerade bei S p e z i a l w a r e, ganz typisch die KM-Literatur, eine Sache des V e r t r a u e n s. Ich kann, wenn ich das will, sogar ohne böse Absicht mit höherwertigen Ersteigerungen, von denen ich "zurücktrete" als höchstbietender, den gewerblichen Anbieter

*völlig unmöglich machen

in einem überschaubaren Käuferkreis. Das geht so flott und ist so wirkungsvoll wies Bretzelbacken - ein geradezu perfektes Instrument. Denn man kennt ja mein Kürzel bei der Versteigerung - ebay i s t transparent - und mein Rückzug bei höherpreisiger Ware ist d i e Vertrauensschädigung per se, es ist gewissermaßen ein Totschlagversuch.

Was bei einem Versteigerungshaus wie Kiefer - ganz zurecht - für den Kunden, dem sowas einfallen würde, sofort die bösesten Gerichtsverfahren mit ganz klarer Rechtslage nach sich zöge, ist hier völlig legal möglich, nämlich einen gewerblichen Anbieter über Nacht völlig unmöglich zu machen.

Schönen Feiertag noch wünscht

Peter Mulzer in Freiburg
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