24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Helmut
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Re: 24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Beitrag von Helmut »

Hermesmeier hat geschrieben:Wir dürfen doch nicht so tun, als seien Schusswaffen die einzigen Mordwerkzeuge. Wenn jemand austickt und zum Amoklauf ansetzt, dann braucht er dazu nicht Papas ungesichert herumliegende Wumme. Wenn die nicht vorhanden ist, findet er eine Axt, ein Brotmesser oder fährt mit dem PKW in eine Menschenmenge.

Ist das wirklich so? Ich kann mich zumindest nicht erinnern, in den letzten Jahren von solchen Vorfällen mit Äxten, Brotmessern oder Autos gehört oder gelesen zu haben. Zumindest bei Vorfällen dieses Ausmaßes waren meiner Erinnerung nach immer Schusswaffen "beteiligt".
Und wenn dem so ist, ist es wohl auch legitim, darüber nachzudenken, warum bei solchen Vorfällen meist Schusswaffen "verwendet" werden, ohne dass dann gleich ein Protestgeheul losgeht.

Helmut
Hermesmeier

Re: 24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Beitrag von Hermesmeier »

Es ist alles eine Frage der Wahrnehmung. Wie oft hört man von Verkehrsunfällen, bei denen jemand auf gerader Strecke aus unerklärlichen Gründen die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hat und in den Gegenverkehr gerast ist? Und eine Erklärung wird auch nicht nachgeliefert. Wie oft gibt es Meldungen über Geisterfahrer auf der Autobahn? Dass Leute ungebremst in Menschenmengen hineinfahren, hört man auch gelegentlich. Dass die Bremsen etwa defekt gewesen wären, hört man dann aber nicht. Da wird gern von "menschlichem Versagen" gesprochen. Axtmörder gab es auch reichlich. Nur nennt man das dann "Familientragödie" und nicht Amoklauf. Und wieviele mit Brotmessern ausgeführte "Familientragödien" hat es schon gegeben? Wieso heißt es eigentlich nicht Amoklauf, wenn jemand seine ganze Familie niedermetzelt?

Vielleicht sind Schusswaffen als Distanzwaffen unter Amokläufern tatsächlich "beliebter", aber ein Verbot der Waffen beseitigt letztlich nur das Symptom, aber nicht das Problem. Denn die Leute ticken dann auf andere Weise aus, wenn sie keine Wumme in die Finger bekommen.
Rüdiger

Re: 24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Beitrag von Rüdiger »

Helmut hat geschrieben: Es wird doch wohl noch erlaubt sein, zum Donnerwetter noch einmal, sich Gedanken darüber zu machen, wie genau das, was da Schreckliches passiert ist, in Zukunft verhindert werden kann, und es war halt nun mal kein Auto, und es war halt nun mal jemand aus dem Sportschützenmilieu.
Und da sind Äußerungen, "was wäre wenn", und "müsste man dann nicht auch", schlicht und ergreifend kontraproduktiv.
Ob Donnerwetter und Pasta oder nicht, das bleibt sich gleich, diese Attitüde (mach' ich auch schon mal gern', so ist's ja nicht …) erinnert mich an eine Debatte über 'Spiritismus Ja oder Nein oder vielleicht doch ein wenig' aus dem Stiftungsforum, da meinte auch einer, den ich ansonsten sehr schätze, mit so einer klammheimlich (aber doch erkennbar) leicht ironisch gebrochenen gleichsam väterlichen Drohgebärde Eindruck machen zu können; falls es jemand interessiert: bei mir funktioniert solches nicht mehr und führt allenfalls zu gleichgültigem und ein wenig belustigten oder auch leicht angenervten Achselzucken.

Kontraproduktiv sind die einfältig wirkenden Lösungsansätze (nicht über Schusswaffen u. dgl. wäre nachzudenken, nicht über Symptome, sondern über Ursachenforschung auf ganz anderer Ebene), ein wenig lästig der kollektive plakative Betroffenheits-Gestus. Eine Gesellschaft, die durch und durch verlogen und unmenschlich ist, teilweise ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, muß sich nicht wundern, wenn zunehmend ab und an mal einem sämtliche Sicherungen durchbrennen.
Hermesmeier hat geschrieben: Bin ich zynisch? Vielleicht.
Nicht Du bist zynisch, sondern die gesellschaftliche Realität ist es.

Zurück zum Thema. Indianerüberfall bei Wetten daß. Da haben wir's doch schon wieder: Aggression, Gewalt, wird verniedlicht und verkitscht. Und dann wundern sich die Leut', wenn sie doch mal wieder sozusagen in Reinform zum Tragen kommt ...

(Rüdiger Dahlke hat übrigens auch zu diesem Themenkomplex sehr gute Sachen geschrieben. Aber das ist ja laut IDDOC ein Quacksalber.)
GP
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Re: 24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Beitrag von GP »

"Macht's euch doch nicht immer so einfach", aus einem puren Vergleich wieder mal künstlich eine völlig abweichende Diskussion zu fabrizieren...
Die Kontroverse zeigt ja nur, dass der Vergleich mit den Geschmäckern und den durchaus verschiedenen Wahrnehmungen voll gepasst hat.
Und außer zu der Frage, seit wann Schießen kein normaler Sport mehr sei, werde ich hier nichts mehr kommentieren, als dazu nur die Gegenfrage zu stellen, seit wann er denn je einer war. Ich habe da vielleicht eine engere Wahrnehmung als andere (was mich in diesem Zusammenhang übrigens wundert), aber weder Schießen noch Boxen haben für mich jemals ernsthaft auch nur annähernd unter den Sammelbegriff Sportart gehört.

Und nun bitte wieder zum Gegenstand:
GP hat geschrieben:
im sogenannten Comedy-Bereich
Habe gestern Abend (oder war's schon Nacht) beim zufälligen Umschalten wieder mal so ein unsägliches Stand-up-Comedy-Erlebnis gehabt und mich gefragt, wieso das, was man (wir) damals so als komisch wahrgenommen haben, so gar nichts mit dem zu tun hat, was man da heutzutage anbietet. Oder andersherum.
Da wird (statt wie früher mit gut gemeinten und mehr oder weniger gelungenen und mehr oder weniger intelligenten Slapsticks oder Wortspielen sowie mit wenigstens einem vorhandenen Grundkönnen an Musikalität, Schauspielerei und Minenspiel) heute auf Biegen und Brechen ein Fäkalhumor bemüht (als sei das noch das einzig verbliebene Mittel, die graue (Gehirn-)Masse zum Lachen zu bringen), den man vor Jahren noch, ohne mit der Wimper zu zucken, abgeschaltet hätte; es wird sich auf geschmackloseste Weise über Minderheiten "lustig" gemacht; dass sie nicht noch von vornerhein nackt das Po-Dest betreten unter dem Vorwand, das sei schon in der Antike so gewesen und da seien ja die Komödien historisch beheimatet, wundert einen wirklich...
Rüdiger

Re: 24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Beitrag von Rüdiger »

GP hat geschrieben: die Gegenfrage zu stellen, seit wann er denn je einer war.
Das Sportschießen hat insbesondere in Europa eine lange Tradition. Das korporierte Schützenwesen geht auf die Bürgerwehren der Städte zurück. In Deutschland und in den angrenzenden Nachbarländern gibt es z.B. bereits seit dem Mittelalter Schützengilden. Davon zeugt u.a. das berühmteste Bild des niederländischen Malers Rembrandt, Die Nachtwache von (1642), welches die Amsterdamer Bürgerwehr darstellt, eine Schützengilde. Der erste bezeugte Schützenwettbewerb wurde aber bereits 1442 in Zürich (Schweiz) abgehalten.
Nach den Befreiungskriegen (1815) setzte ein Aufschwung im Vereinswesen ein, von dem auch der Schießsport profitierte. Nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg wurden alle Schützenvereine in Deutschland offiziell von den vier Siegermächten verboten und erst in den folgenden Jahren in der jungen Bundesrepublik wieder erlaubt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Sportschie%C3%9Fen

Bei Karl May wird Schießen übrigens auch des öfteren unter sportlichen Gesichtspunkten gesehen, auch werden des öfteren seitens des Erzählers Tiere totgeschossen, nur um Schießkünste zu demonstrieren, in „Am Rio de la Plata“ z.B. Alligatoren. Geschmacks- oder Ansichtssache und vermutlich nicht geeignet in der breiten Öffentlichkeit Sympathien zu erwecken, aber dennoch nicht zu leugnen. Es geht nicht so zimperlich zu in der Welt wie wir das vielleicht gern hätten.
Ich habe da vielleicht eine engere Wahrnehmung als andere (was mich in diesem Zusammenhang übrigens wundert)
Mich nicht. :-)))) (Verzeihung; aber wie gesagt, lieber 'nen halbwegs guten Kumpel verlieren als 'ne Pointe auslassen) - Aber war wirklich "enger" gemeint ?

;-)
IDDOC
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Re: 24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Beitrag von IDDOC »

Nachdem ich jetzt diesen faszinierenden thread ueber Wochen verfolgt habe seien mir ein paar Anmerkungen erlaubt.

1.)In einer Gesellschaft in der mehr Gewaltbereitschaft und leichterer Zugang zu Schusswaffen herrscht,gibt es auch mehr Amoklaufer.
Natuerlich kann ich mit einer Axt Menschen umbringen aber mit einer Automatik geht das schon viel besser und schneller.
2.)Trotzdem sollte es in einer freien Gesellschaft auch Zugang zu Waffen geben,ich erinnere mich daran als einmal in das Anwesen meines Schwiegervaters in Forth Worth eingebrochen wurde,der
Einbrecher hat sich eine Kugel eingefangen und wird sich wohl zweimal ueberlegen dort nochmal einzubrechen.
Nur weil es Verrueckte gibt muss man doch doch nicht alle bevormunden.
3.)Auf Scheiben schiessen finde ich ausgesprochen oede,aber wem's gefaellt.Paint Ball macht dagegen riesig Spass.Auch Jagen ist interessanter,letzten Herbst habe ich mal an einer Jagd auf Schwarzbaeren teilgenommen,das war schon ziemlich aufregend.
4.)Herr Dahlkes Kommentare zu gesellschaftlichen Themen kenne ich nicht,er mag da so manches Diskussionswuerdiges geschrieben haben.Nur seine medizinischen Thesen halte ich fuer Humbug.
Rüdiger

Re: 24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Beitrag von Rüdiger »

IDDOC hat geschrieben: Herr Dahlkes Kommentare zu gesellschaftlichen Themen kenne ich nicht
Dem Manne kann geholfen werden,

http://www.naturheilpraxis-am-wald.de/r ... hance.html

geholfen aber vermutlich nur im Sinne von etwa "da kann er sich mal einen ersten Eindruck verschaffen", nicht im Sinne von Überzeugen wollen ...

;-)
GP
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Re: 24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Beitrag von GP »

Rüdiger hat geschrieben: war wirklich "enger" gemeint ?
Im Sinne von "engerer Definition".
GP
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Re: 24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Beitrag von GP »

Rüdiger hat geschrieben: Es geht nicht so zimperlich zu in der Welt wie wir das vielleicht gern hätten.
Das nehme ich durchaus wahr, aber muss ich es deswegen gut finden?
GP
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Re: 24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Beitrag von GP »

Dazu schließlich passt noch:
Rüdiger hat geschrieben: Eine Gesellschaft, die durch und durch verlogen und unmenschlich ist, teilweise ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein,
Ich will ja niemandes Weltbild zerstören, aber - ist denn nicht eine solche Sichtweise auch wieder "zu einfach"? Nur mal 'ne Frage...
Das klingt mir schon wieder wie ein "wer-das-nicht-erkannt-hat-ist-naiv", aber ich würde da sicher auch eine Menge Zeitgenossen hier finden, die diese Gesellschaft zwar zum Teil auch so erleben, wie du sie beschreibst, aber eben doch nicht "durch und durch".
Rüdiger

Re: 24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Beitrag von Rüdiger »

Übertreiben veranschaulicht.

;-)
GP
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Re: 24.01. - Indianerüberfall bei "Wetten dass ...?"

Beitrag von GP »

Womit wir wieder bei Karl May wären...
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