Der Indianer Makimoteht... 4.Teil

Makimoteht

Der Indianer Makimoteht... 4.Teil

Beitrag von Makimoteht »

Ein "Neuer Winnetou" im Kino..........

Bis zur Vorstellung am Abend war noch Zeit und ich musste ja auch noch zuhause Bescheid sagen und zu Abend essen. Also machte ich mich auf den Weg – drei Häuser weiter – zu Mutter,
die sicher schon mit dem Abendessen auf mich wartete.
„Mein Bruder“ so begrüßte ich sie – eine Ohrfeige folgte – und die Aussage, dass der Abend heute für mich frühzeitig im Bett enden würde. Was ich nicht ahnte, mein Lehrer hatte meine Mutter besucht und darüber berichtet, dass ich zu verspielt sei und zu sehr den Unterricht störte mit Texten, die er nicht kannte, aus dem Winnetou Film.
Es war bestimmt schon sieben denn die Kirchturm Glocke hatte ich schon gehört und kannte das Geräusch.
Richtete sich doch unser nach Hause kommen nach ihr. „Wenn es halb sieben schlägt, seit ihr spätestens zu Hause“ sagte Mutter immer wenn wir am Nachmittag noch spielen gingen.
Nun schlägt es sieben; in einer Stunde fängt der Film an; wie schaffe ich es Mutter doch zu überreden? Viele Fragen quälten mich an diesem Abend… Ob mein Onkel bescheid wusste?
Ich überlegte wie oft in der letzten Zeit von Mutter oder Vater, nachgesehen wurde, ob ich auch im Bett sei und schlief!
Die Antwort war klar; nicht oft oder - eher nie. Also zog ich mich wieder an und stieg dann leise die alte Holztreppe hinunter die bei jedem Schritt und Tritt, die Stufen knarren lies und schlich mich in die Abstellkammer in der ein kleines Fenster war und kroch durch dieses auf den Nachbarhof.
Nach einigen Minuten des Wartens und der Hoffnung dass alles glatt lief, ging ich über die Hinterhöfe zum Hintereingang des Kinos meines Onkels der immer offen war und betrat danach auch schnell den Vorführraum in dem mein Onkel schon arbeitete.
„Ich dachte schon du kommst nicht und wollte gerade nach dir schicken lassen“! sagte er. Nun wusste ich, dass er nichts ahnte und freute mich umso mehr es geschafft zu haben.

An diesem Abend kamen mehr Besucher als in den vergangenen Vorführungen und mein Onkel freute sich darüber das der Umbau der vor Wochen beendet worden war, sich gelohnt habe. Mit so viel Freude und Ruhe bei der Arbeit, hatte ich ihn lange nicht erlebt. Wie immer, schaltete er an seinem Pult die vielen Hebel und Knöpfe und zeigte auf einen Stuhl der auf einer kleinen Bühne unter dem Fenster stand durch das ich monatelang im stehen die Blutsbrüder habe reiten und kämpfen sehen. „Das ist jetzt dein Platz; deine eigene Loge“ sagte er; die ich habe bauen lassen. Mir war das am Nachmittag gar nicht auf gefallen; sicher auch daher, das sich vieles verändert hatte oder ich es nicht erwarten konnte, den Film zu sehen.
Stolz wie Oskar, nahm ich Platz und sah von dort, den zweiten Film mit Winnetou, Old Shatterhand und Sam Hawkins in ihrem Kampf um Friede und Gerechtigkeit. Nur wunderte mich, dass sie sich hier zu Anfang noch bekämpften. Ich verstand das erst viel später.
Aus einer Art Felsen-Tor, dem Nugget-Siel, trat Winnetou mit dem Goldbeutel langsam und umsichtig hervor und schaute, ob ihn niemand gesehen haben könnte. Stolzen Schrittes, sich noch einmal umschauend, näherte er sich seinem schwarzbraunen mit in der Sonne scheinbar glänzendem Fell und auf dessen Pferderücken schützend nur ein Indianerteppich geschwungen war und schwang sich mit nur zwei schnelleren Schritten hinauf.
Einmal mit der Zunge schnalzte er und „Iltschi“ – so hieß der Rappe – trabte den Hügel hinab; vorbei an dem, einem liegendes Kamel ähnelnden Felsen der zum Himmel ragte und ritt auf den sich nähernden Apachenjungen zu und überreicht diesem den Goldbeutel.
„Bring das Gold Intschu-tschuna“!
Dann kam sie, die Handbewegung, die jeder kannte und konnte; vom Herzen erhob sie sich in ruhiger Bewegung bis in Schulterhöhe und wieder zum Herzen; was so viel bedeutet wie:
„Mein Herz begleite und schützte dich – Mein Freund“………Und die Winnetou-Melodie, die bis dahin sehr leise war, wurde Lauter… Der Film hatte begonnen!

Wieder ritt mein Winnetou über die Hügel, durch Felsen und der Prärie. Vieles war hier nicht so, wie im ersten Film und besonders störte mich der Schwarze, Böse Mann mit der Zigarre mit der er auch noch dem Indianernjungen das Gesicht verbrennen wollte; überhaupt mochte ich seine Art nicht, besonders als er Winnetou zu Boden trat; es mich aber dann freute, als Winnetou ihm einen Kinnhacken verpasste. Auch tat mir der Weiße Vater der Apachen, Klecki-Petra, damals sehr leid; setzte er sein Leben doch einfach so aufs Spiel um das von Winntou zu retten, was ja gut war.
Der schwarze Mann, Santer, wurde mir immer unsympathischer im Verlauf des Films; besonders aber, als er Winnetous Vater und Schwester in den rauen, hellweißen, bis grau schimmernden und zerklüfteten Bergen tötete und dann dort auch sein verdientes Ende fand. Beeindruckend aber am Film war der Moment, den wir oft und immer wieder nachspielten – die Blutsbrüderschaft zwischen Old Shatterhand und Winnetou, wie sie sich mit dem Messer den Unterarm auf schnitten und diese dann zusammen führten –„Mein Bruder“!
In diesem Moment war vergessen, das es vieles im Film gab, was damals noch nicht in meine kindlichen Vorstellungen passte.
Geblieben war aber Winnetou, die Landschaft und die wunderbare Musik, die ich ständig im Ohr
hatte und die ich noch heute immer wieder und gerne höre; und, die Freundschaft die ich aus dem Schatz im Silbersee kannte, gab es am Ende dann auch wieder; was alles andere schnell vergessen lies.
Wieder erklang zum xten…mal, die Winnetou Melodie und der Text des Abspanns lief als die Blutsbrüder in den Sonnenuntergang ritten; wieder verdunkelte sich die große Leinwand und unter den letzten Tönen verschloss sich langsam der Vorhang; wieder blieben die Besucher sitzen bis zum letzten Ton; wieder hatte ich meinen Winnetou gesehen und war glücklich und hatte schon lange vergessen, dass ich ja hier nicht sitzen durfte weil ich ja Stubenarrest und strenge Bettruhe von meiner Mutter verordnet bekommen hatte.

Mein Onkel hatte noch einiges, wie immer, zu erledigen bis alle Besucher gegangen waren und kam erst spät zurück in den Vorführraum; im Anhang mein Vater, der schon seit einer Stunde vor dem Kino stand um mich zu holen.
Der Onkel wusste nun auch Bescheid und ich ahnte, warum er so lange weg war; hatten beide doch über meine Flucht aus dem Bett schon gesprochen. Ein paar Ohrfeigen und eines hinten drauf mit den passenden Worten, gab es an Ort und Stelle und eine erneute Strafe folgten; ein zusätzliches Verbot – das schlimmste überhaupt; „Kinoverbot für eine Woche“.

Damit war das dann aber auch erledigt und Vater und Onkel plauderten bei einem oder zwei Bier über meinen Ehrgeiz zum Kino. Ich saß da und schaute nachdem ich mich beruhigt hatte, die Bilder vom Schatz im Silbersee an; die ich schon oft gesehen hatte.
„Nimm sie mit nach Hause, das tröstet für die Strafe“ sagte mein Onkel, der eigentlich immer auf meiner Seite stand; es waren meine ersten Bilder.