segeberg frei nach heinz erhardt

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reinhardhh
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segeberg frei nach heinz erhardt

#1 Beitrag von reinhardhh »

Vielleicht hätte man auf das Plakat frei nach Heinz erhardt und ein bisschen Karl may schreiben sollen. Zugegeben, patrick l. schmitz spielt seine Rolle - seine Paraderolle fabelhaft, er bewegt sich wie Heinz erhardt, er tanzt wie er und auch stimmlich kommt er ihm einigermaßen nahe, aber für ein Karl may stück war das gestern mehr als zu viel. mich würde sehr interessieren, wieviel seiner Autorengage Michael stamp an die Heinz erhardt nachlassverwaltung zahlen muss, denn ob der song "egon, egon, egon", originalgedichte, leicht abgewandelte sprüche und gedichte, das stück quoll vor heinz erhardt nur so über, da verkam Winnetou zur kleinen Nebenrolle, der m.e. sowieso viel zu wenig auftritte hatte. Langsam nervt es auch immer mehr, dass die Komik zum break der handlung wird, nach dem motto "es wird zeit, dass mal wieder ein platter witz kommt!". Über das unsägliche Mobil konnten wir uns ja schon früher kräftig aufregen. das stück ist insgesamt eher eins der schwächeren. Keine spannung, keine dramatik, keine neuen elemente. alles genauso schon oft dagewesen. Jan sosniok ist doch noch gar nicht so alt, muss aber wie schon vor ihm gojo mitic und pierre brice immer mehr "altersweisheiten" von sich geben, anstatt ein kraftvoller, junger Mescalerohäuptling zu sein. The same procedure then last decade kann man schon sagen, wenn Frau kassel mit ihren mädels ihre runden dreht und mit für die zeit unpassendem revolver herumballert, ohne jemals was zu treffen. da hat es schon andere kämpfe und überfälle gegeben (zb. 1995). es gibt auch nur nuancen in der Variation, was das Show-down betrifft, da würde ich mir einmal was ganz neues wünschen. der wechsel von senorita miranda von gut nach böse kommt Knall, Fall, ohne dramturgischen aufbau. ralf bauer hat eine gute stimme, ist als Old Firehand aber viel zu jung. meine tochter, die als kind immer mit war, sagte mir nach der vorstellung, dass ihr das stück nicht gefallen hätte, ihr ehemann (nicht karl may geschädigt) kam überhaupt nicht in die handlung hinein, meine Frau sagte nur, dass war letztes jahr viel besser und unser besuch aus der fremde ist in der halbzeit gegangen. das hört sich jetzt vielleicht sehr negativ an, ja, die kinder haben oft schallend gelacht und segeberg legenden wie joshy peters und nicolas könig wurden stürmisch gefeiert, aber vielleicht ist langsam das team hinter den kulissen insgesamt zu eingefahren?

Kristin
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Re: segeberg frei nach heinz erhardt

#2 Beitrag von Kristin »

Hallo Reinhard,

dein Beitrag klingt für mich sehr enttäuscht - was ich nach dem gestrigen Abend und nach der in meinen Augen sehr erfreulichen "Unter Geiern"-Inszenierung aber größtenteils nachvollziehen kann.

Auch für mich zündete vor allem die erste Hälfte nicht, wirkte teils aneinander gereiht und ohne Spannungsbogen. Viel wirkte wie "schon tausend Mal gesehen", verstärkt natürlich noch durch die Reprise der sehr erfolgreichen 2002er Rollen bei Joshy Peters und Nicolas König, die beide für mich nicht an ihre damalige Leistung herankommen.

Der Heinz-Erhardt-Faktor ist wirklich unverhältnismäßig hoch, ich hatte es nach den Berichten über die Generalprobe aber noch schlimmer erwartet hinsichtlich der Frequenz der Auftritte von Heinz-Egon Winzigmann. Und man kann es nicht bestreiten: Er macht seine Sache wirklich sehr gut und passt auch irgendwie in das Karl-May-Setting ... aber: leider hat er gar keine Storyline bekommen, sondern stolpert nur von einer Szene in die nächste, um seine Gedichte aufzusagen. Ich habe eine "Mission" à la Oper des Kantors aus "Der Ölprinz" oder "Abenteuer erleben" à la Film-Castlepool vermisst bzw. fand diese sehr dünn ausgearbeitet.

Aber ich will auch mal ein paar positive Aspekte aufzählen: Den Sam Hawkens (gespielt von Dirc Simpson) fand ich sowohl von der Darstellung als auch vom Buch her sehr gelungen - kein Trottel, sondern der kauzige, verschmitzte Westmann. So muss das sein!
Ralf Bauer kommt natürlich weder an Reiner Schöne 2002 noch an Joshy Peters 2009 ran, aber auch mir hat er ganz gut gefallen und ist mit Spaß bei der Sache. Vom Typ ist er für mich kein Firehand, spielt aber mit mehr Esprit und Lust als einige seiner Vorgänger.
Auch sein Bühnensohn Harry hat mir richtig gut gefallen.

Jan Sosniok kommt langsam in die gojkoeske Ecke, aber insgesamt hat er mich erneut überzeugt. Ich mag seine ruhige Ausstrahlung und die Zweikämpfe waren auch echt stark. Und eine Stimme zu seinem ersten Auftritt aus unserer Runde "So schnell ist da noch kein Winnetou entlang geprescht!"

In der zweiten Hälfte nimmt das Ganze dann doch etwas mehr Fahrt auf, wenn auch teils mit recht unmotiviert wirkenden Szenen wie die Begegnung Eiserner Pfeil - Roulin gleich am Anfang. Wortwechsel, Eiserner Pfeil fühlt sich beleidigt, Zweikampf zwischen den beiden, wird von Roulin dadurch beendet, dass er dem Indianer seinen Revolver entgegenhält (der sehr schwer aus dem Holster kam...) und sagt "Ich hab gewonnen." Häh? Das Positive: Immerhin mal wieder ein Zweikampf mit Peters' Beteiligung und das auch noch gegen Kumpel Nico König!

Ich bin gleich nächste Woche nochmal am Kalkberg - bin gespannt, ob's mir dann besser gefällt.

Rolf Dernen
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Re: segeberg frei nach heinz erhardt

#3 Beitrag von Rolf Dernen »

Eine freundliche Eule, ein prächtiger Adler, einige putzige Hühner und natürlich schöne Pferde. War ein netter Zoobesuch. ;-)

Rüdiger

Re: segeberg frei nach heinz erhardt

#4 Beitrag von Rüdiger »

Die Affen nicht zu vergessen ...

(Verzeihung.)

mich
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Re: segeberg frei nach heinz erhardt

#5 Beitrag von mich »


santer
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Re: segeberg frei nach heinz erhardt

#6 Beitrag von santer »

Jetzt versuche ich mich auch mal an einer Kritik: ich wurde zwei Stunden gut unterhalten, fand insbesondere die Szenen mit dem Adler und das Abseilen Winnetous als Höhepunkte. Die Gaststars schlugen sich tapfer; braucht es aber nicht unbedingt. Sam Hawkens konnte endlich mal auch Westmann sein, ansonsten war für den Karl May Puristen sicher nicht viel dabei. Meine Kinder fanden die Komik gut, erstaunlich weil sie Heinz Erhardt gar nicht mehr kennen. Winnetou wirkt als Figur auch noch über ein Jahrhundert nach seiner literarischen Erfindung als Held und Retter. Insgesamt klare Empfehlung, für kleines Geld ein großes Vergnügen.

Al-No
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Re: segeberg frei nach heinz erhardt

#7 Beitrag von Al-No »

Am auffälligsten war in Bad Segeberg natürlich die Rolle des Heinz-Egon Winzigmann, eine Heinz Erhardt-Hommage. Wie gerne hätte ich Sir David Lindsay einmal am Kalkberg gesehen (seit 1978 nicht mehr verwendet!). 2002 musste es schon der Quacksalber sein, diesmal stand wohl Patrick Scmitz zur Verfügung. Der Mann machte seine Sache wirklich gut: Stimmlage, Sprechweise, Gesten, Mimik, Outfit - verblüffend nah dran. Nur leider wurde es zu viel. Dazu hatte man für ihn das Auto aus der Garage geholt. Seine Auftritte standen mehr neben der sonstigen Handlung.

Wiederum war sein Aufpasser Sam Hawkens, erstmals in Gestalt von Dirc Simpson (letztes Jahr Schiba-bigk), im Stil von Stephan Kieper in Elspe. Sehr angenehme Entdeckung und würdiger Ersatz für Mathias Engel, der z.Z. bei Störtebeker ist. Hawkens durfte auch ins Geschehen eingreifen und die Rettung von Winnetou und Firehand betreiben.

Eine ausführliche Inhaltsangabe Szene für Szene habe ich etwas weiter hinten auf wild-west-reporter.com entdeckt.
Die Geschichte war frei nach May. Die Grundgeschichte wurde immerhin gewahrt und einige Motive verändert eingebracht. Zum Beispiel wurde in der überraschenden Anfangsszene die Hochzeit von Martin von Adlerhorst und Paloma nakana angegangen (zu der kommt es in „Zobeljäger und Kosak“ wahrscheinlich kommt), aber Roulin machte den Hochzeitscrasher, weil Plantagenbesitzer Adlerhorst senior (anstelle von Wilkins) ihm mit Landerwerb zu nah ans Tal des Todes gekommen war. Vater und Sohn wurden Sklaven im Bergwerk und der Senior dort beim Widerstand von Roulin getötet (im Roman vom Rachsüchtigen beim Piratenüberfall). Sam Hawkens durfte unter etwas anderen Umständen die Maricopas belauschen. Miranda durfte erfolgreich einen weißen Protagonisten becircen, im Roman Wilkins, hier Old Firehand, an dem sie sich im Roman die Zähne ausgebissen hat. Alfarez musste vergleichbar mit der Romanfigur Newton sich seiner Entbehrlichkeit für seinen Boss bewusste werden (starker Moment für Fabian Monesterios).
Ob das bewusste Einarbeitungen des Autors waren, weiß ich freilich nicht, aber ich fand solche und ähnliche Sachen interssant und angenehm zu beobachten. Ja, sicher hätte man auch mehr aus dem Roman herein nehmen können, gerne auf Kosten des Klamauks. Letztes Jahr hatte man das besser gelöst.

Paloma nakana wurde von den Chiricahuas verehrt, ansonsten war von der Romanfigur nicht viel übrig geblieben: die Identität Almy Wilkins entfiel, sie war eine Indianerin und so etwas wie eine Schamanin, die Visionen im Feuer sehen konnte. Diese Eigenschaft hatte Stamp wohl von seiner Figur Peshewa in „Der Sohn des Bärenjägers“ (2004) übernommen.

Warum Martins Vater stattt Bruno oder Albin nun den Namen seines anderen Sohnes Georg verliehen bekommen hatte, hat sich mir nicht erschlossen. In ihm war auch die Figur des Farmers Wilkins aufgegangen, bei dem Martin im Roman Aufseher war. Die Farm muss nahe der Grenze von Texas zu Mexiko gelegen gewesen sein, da einerseits eine US-Flagge auf der Hochzeit wehte, andererseits eine Mexikanische über San Miguel. Ersteres fand ich angesichts der aktuellen amerikanischen Kontroverse über die Südstaatenflagge ein bisschen amüsant: die Geschichte spielte also während des Sezessionskrieges (was zur vermuteten Zeitleiste des gegenwärtigen Bad Segeberger Geschichtenzyklus passt) oder Vater Adlerhorst war ein Südstaatennostaligiker, was wiederum zu Mays politischer Verortung des Farmers Wilkins und des anständigen Deutschen nicht gepasst hätte.

Der Name Dos Palmas war durch San Miguel ersetzt worden und der Ort auf von den Maricopas beanspruchten Boden errichtet worden. Wiederum müsste deren Siedlungsgebiet weiter westlich in Süd-Arizona liegen. Die Mission am Blauen Wasser war durch eine indigene Kultstätte ersetzt worden, die mich als Laien optisch an Maya oder Azteken erinnerte. Das Bühnenbild fand ich ansonsten schlicht großartig. Ich freue mich, dass man den Bühnenbildner des Vorjahres hat halten. Können. Ebenso fand ich die Kostüme gelungen. Sogar die Nebenrolle Alfarez war ansehnlich ausgestattet. Joshy Peters stand die grüne Weste unter dem bösewichtklischeemäßig schwarzen Anzug gut.

Die größte Überraschung war für mich Barbara Wussow als Miranda. Auf dem Plakat hatte man ihr Gesicht wie früher gelegentlich bei Gojko Mitic übertrieben verjüngt. Die Ausrichtung ihrer Figur blieb in dieser Bühnenbearbeitung lange im Unklaren. Ich rechnete mit einer süßen Love Story mit Old Firehand, wahrscheinlich wieder einem dramatischen Tod wie 2002 und wahlweise einer leichtfertigen Geschäftsbeziehung mit Roulin, indessen Abhängigkeit sie stehen würde, oder einer Erpressunf durch ihn oder eine umfassende reuevolle Wandlung am Schluss. 2002 ließ Stamp sie eine enttäuschte Liebe zu einem sich klar als reinen Materialisten bekennenden Roulin empfinden und sich am Ende aus Gewissensbissen angeschts der Ermordungsgefahr des kleinen Harry gegen ihn wenden. Hier erfand Stamp die Figur nochmals neu und Wussow spielte sie sehr gut: erst in der letzten Szene vor der Pause ließ sie ihre Maske fallen, als sie Harry mit vermeintlicher Mütterlichkeit schützte und höhnisch an seine Häscher auslieferte, einen Bombenanschlag auf Firehand und Winnetou verübte und die Zuschauer geschickt ob deren Schicksal bis nach der Pause im Unklaren ließ. Stark war danach Sams Traurigkeit angesichts der qualmenden Cantina. Unklar blieb, wie die beiden Helden die Explosion im engen Gebäude von einem dünnen Rußstreifen im Gesicht abgesehen schadlos überlebt hatten.... Vielleicht waren jene guten Geister am Werk, die der Paloma nakana verletzt eine weite Flucht und dann eine zügige Heilung im Beschwörungsritual ermöglichten.

Roulin & Miranda entpuppen sich als skrupelloses Albtraumpärchen. Den Tod im Finale mit einem abstürzenden Aufzug fand ich kreativ.
Zuvor hatte es knapp eine Viertelstunde nach der Pause schon ein Eindringen der Helden ins Bergwerk gegeben, was mich kurzzeitig einen unverhältnismäßig kurzen 2.Akt befürchten ließ. Dies hatte es 2008 anscheinend gegeben.
Ein dramaturgisches Absacken hatte ich schon mit dem Heilungsritual und der anschließenden Fiesta-Szene in San Miguel empfunden, aber die Dramaturgie zog dann wieder an und der Bogen hielt zu meiner angenehmen Feststellung den Rest des Stückes. Winzigmann benötigte aber halt wieder seinen Raum. Die frühe Aufdeckung der Aktivitäten im Tal des Todes gegenüber den Zuschauern hat sich dramaturgisch nicht so negativ ausgewirkt wie befürchtet.

Zum Schluss noch die Helden: Ralf Bauer kannte ich aus dem lang zurück liegenden Disney Club. Danach hat er wohl ein Sonnyboy-Image bekommen und dem wurde auch etwas Rechnung getragen. Meine Hoffnung, er würde sich mit dezenten Schmunzeln und Biberfellmütze in die Fußstapfen von Horst Janson begeben, hat sich erfüllt. Mit seinen 48 Jahren sieht er allerdings immer noch recht jugendlich aus. Zu meiner Freude hat er sich zwar während der Saison einen leichten Drei- oder zumindest Ein-Tages-Bart stehen lassen, mehr wäre aber besser gewesen. Unpassend fand ich nur die yoga-hafte Dankesgeste zum Himmel, als sich „Eiserner Pfeil“ bekehrte.
Zu Jan Sosnik hatte ich vorher etwas von „Gojkoisierung“ gelesen und musste etwas amüsiert daran denken, als er alsbald an zu predigen fing. Aber danach kam doch wieder der agile junge Held der letzten beiden Jahre zu tragen. In „Im Tal des Todes“ ist seine Rolle in der Regel klein, hier fand ich seinen Anteil höher als 2002 oder in Elspe und er lief keine Gefahr, „unter die Räder“ zu kommen.

Insgesamt: man hätte einiges näher am Roman halten können, aber es war gut inszeniert und gestaltet.
Was mir noch beim Zusehen einfiel: Winzigmann hätte man auch anstelle von Lord Lindsay ein Verwandter der Adlerhorsts sein lassen können, der Martin sucht. Old Firehand hätte man mit der Adlerhorst-Farm verbinden und einen zusätzlichen Grund für sein langes Verweilen so weit im Süden schaffen können: laut May war er ja ebenfalls als landvermesser tätig und hätte bei Adlerhorsts Besitzerweiterungen tätig gewesen sein können.
Krieg bedeutet erhöhte Rohstoffnachfrage: vielleicht hätte sich Roulin Hoffnung auf gute Geschäfte machen können.

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