Neue Bücher

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Rüdiger

Re: Neue Bücher

#16 Beitrag von Rüdiger »

Hm ... vielleicht sollte ich es doch langsam etwas deutlicher formulieren ... wohlwollendes Gerede, war mein Eindruck nach zwei Kapiteln und ein wenig Blättern. Oder auch, wohlwollende Schaumschlägerei. Das Interview kam dann etwas vorteilhafter herüber.

PaterHilario
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Re: Neue Bücher

#17 Beitrag von PaterHilario »

Rüdiger hat geschrieben: wohlwollendes Gerede, war mein Eindruck nach zwei Kapiteln und ein wenig Blättern. Oder auch, wohlwollende Schaumschlägerei.
Ja, das deckt sich weitgehend mit meinem Eindruck von Schapers Buch. Wohlwollend ja, aber leider auch ziemlich oberflächlich bzw. banal. Ein paar Tage bevor ich das Buch bekommen habe, war ich auf einer Buchvorstellung in der Berliner "Urania", und anhand der Auszüge, die der Herr Schaper da präsentiert hat, war mein Eindruck positiver als nach der Lektüre des ganzen Buchs. Schade.
(Das Highlight der Veranstaltung war allerdings die Lesung eines Auszugs aus "Krüger Bei" (bzw. "Satan und Ischariot II") - Winnetou im Dresdner Gesangsverein, sehr temperamentvoll vorgetragen von Herbert Fritsch. Ganz grandios. Auch dass Fritsch mit seinen Textblättern durcheinander kam und nach der vierten Seite zurück zur zweiten sprang, bis Schaper ihn darauf aufmerksam machte, störte so gut wie gar nicht...)

Heute habe ich mir nun die neue May-Biographie von Helmut Schmiedt ("Karl May oder Die Macht der Phantasie") besorgt, und die macht schon auf den ersten Seiten einen wesentlich seriöseren und anspruchsvolleren Einruck. Aber okay, Schmiedt ist ja auch a) Literaturwissenschaftler und b) ein ausgewiesener May-Fachmann - was eine ziemlich seltene Kombination sein dürfte...

Rüdiger

Re: Neue Bücher

#18 Beitrag von Rüdiger »

... und, sehr wesentlich, er hat c.) inneren Zugang zu May ... ( = in etwa: er kann nachvollziehen wie der so "tickte" ...) denn es gibt ein paar Herrschaften, die erfüllen Kriterium a.) und meinetwegen auch b.), aber damit hat es sich ... und mit denen geht's mir wie May in Old Surehand schrieb, ist es bei zugeknöpftem Rock geschrieben so mag ich es nicht lesen ...

(Stolte schrieb einmal sinngemäß Mays Wesen, Denken, Empfinden usw. nachvollziehen zu wollen wäre ja fast zuviel verlangt, das sei so dermaßen abseitig ... jenun, Stolte mag damit überfordert gewesen sein, Schmiedt [z.B.; auch Wohlgschaft, Wollschläger ...] halt nicht ...)

IDDOC
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Re: Neue Bücher

#19 Beitrag von IDDOC »

Ach Rüdiger was ist denn ein Innerer Zugang zu May,fällt das unter Parapsychologie und wie falls es sowas gäbe könntest Du beurteilen ob jemand diesen ominösen Zugang hätte oder bist Du der Grossmeister dieser Zunft ?

Rüdiger

Re: Neue Bücher

#20 Beitrag von Rüdiger »

Sei froh daß ich, ganz ohne Parapsychologie, einen gewissen inneren Zugang auch zu Dir habe, sonst wärst Du bei mir längst so gnadenlos unten durch wie Du es am Anfang zwischenzeitlich schon mal warst und bei anderen weiterhin bist ...

:-)

IDDOC
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Re: Neue Bücher

#21 Beitrag von IDDOC »

Untendurch oder Obendrauf ist mir gleichgültig.Das ich von dieser angeblichen Seelenverwandtschaft mit May den nichtexistenten Subtexten und diesem Zugang zum inneren May nichts halte weisst Du und ehrlich gesagt kann ich mit diesem gesamten pseudopsychotheologischen Gebrabbel nichts anfangen.
Für Dich scheint es May-Kenner und dann auf einer höheren Ebene May-Versteher zu geben zu denen Du Dich in aller Bescheidenheit auch zählst.

markus
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Re: Neue Bücher

#22 Beitrag von markus »

Wie May dachte und fühlte ist doch interessanter als nackte Zahlen, Daten, Fakten...

markus
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Re: Neue Bücher

#23 Beitrag von markus »

Was mir an dem kleinen Film über Scharpers Buch gefiel, ist, als Scharper sagt, daß Karl May kein dummer Pazifist war, sondern durchaus wußte daß man Diktatoren stürzen muß und auch mal ordentlich dreinschlagen muß damit es manche Zeitgenossen verstehen.

Das ist für mich das interessante an Mays Erzählungen, daß sie nicht wie landläufig die Meinung gilt, vorhersehbar sind (in einigen Fällen schon), sondern daß z.B. wenn man glaubt, nun muß der Verbrecher/Bösewicht/Mörder oder wie auch immer ("Nennen ses wie Sie wollen.";-) ) doch mal endlich die verdiente Strafe kriegen, wenn man ihn nun endlich habhaft geworden ist, May ihn doch wider erwarten verschont, während seine Freunde (wie auch der Leser) denken, auf deutsch gesagt, er hat sie nicht mehr alle. Aber dann erklärt er sich und es wird mehr oder weniger einleuchtend (Menschenblut ist ein kostbarer Saft usw.). Andererseits kommen dann Situationen wo man genau diese Stereotype erwartet und OS/KBN alles andere als vorhersehbar hinlangt und den Verbrecher beispielsweise verprügelt oder verprügeln läßt, daß man ihn wirklich wie Rüdiger manchmal meint, eine sadistische Ader unterstellen kann. Jedenfalls kann man May als launenhaft bezeichnen, man weiß nie wirklich wo man bei ihm dran ist. Er schrieb wohl Situationsabhängig, das was ihm privat zur Zeit des Schreibens umtrieb, was ihn beschäftigte, übertrug sich auf sein Schreiben.

Übrigens die Bücher von denen hier die Rede ist, sind bestellt, auch das von Kramer und May zum Vergnügen. Hoffe ich habe nicht soviel Pech wie Rüdiger.

IDDOC
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Re: Neue Bücher

#24 Beitrag von IDDOC »

Es ist schwer izu wissen,was May gedacht hat,scheint er seine Meinung und Persona doch der jeweiligen Situation angepasst zu haben.
Ich halte mich hier auch lieber an biografische Fakten als an sein Werk,denn Papier ist ja bekanntlich geduldig.Wenn man sieht wie er Emma während der Scheidung behandelt hat nehme ich ihm den Pazifisten einfach nicht ab,ich befürchte das das einfach eine Masche wie zuvor die Old Shatterhand Legende war.
Warum sollte ich glauben was ein notorischer Lügner sagt und schreibt,bleiben also nur noch Taten und Fakten,die biografisch verbürgt sind.
Das gleiche gilt auch für seine Gefühle die man nun wirklich nicht kennt.
Was mich an diesen selbsternannten May-Verstehern stört,ist das sie tatsächlich glauben das Wesen eines Menschen zu verstehen der bald 100 Jahre tot ist.
Ich halte es durchaus für ok Mays Texte und Verhalten zu interpretieren immer mit dem Vorbehalt,dass es so aber eben auch anders gewesen sein kann.
Dieses duemmliche Getue nur bestimmte May-Versteher könnten ins Innere des Menschen May schauen ist eine Selbstillusion.

PaterHilario
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Re: Neue Bücher

#25 Beitrag von PaterHilario »

IDDOC hat geschrieben:Wenn man sieht wie er Emma während der Scheidung behandelt hat nehme ich ihm den Pazifisten einfach nicht ab
Da sehe ich keinen zwingenden Zusammenhang. John Lennon hat seine erste Frau (Cynthia) auch ziemlich mies behandelt und war troztdem Pazifist...

(Die mir aus dieser Feststellung unvermittelt entgegenspringende Analogie zwischen Klara und Yoko Ono finde ich übrigens ganz interessant... ;) )

Aber im Ernst: Menschen sind in ihrem Denken und Handeln nun mal widersprüchlich, das gilt sicher nicht nur für Künstler, für die aber vielleicht in besonderem Maße. Und zu erwarten oder zu verlangen, dass "Weltanschauung" und privates Verhalten immer und überall miteinander übereinstimmen, das hat ist aus psychologischer (nicht etwa nur para-"-") Sicht nun wirklich unhaltbar.
IDDOC hat geschrieben:Ich halte es durchaus für ok Mays Texte und Verhalten zu interpretieren immer mit dem Vorbehalt,dass es so aber eben auch anders gewesen sein kann.
Da wiederum stimme ich nun völlig zu. Trotzdem betrachte ich das, was Rüdiger über den "inneren Zugang" geschrieben hat, als wesentlich. Papst Benedikt XVI. nannte das mal "jenen Vorschuss an Sympathie, ohne den es kein Verstehen gibt"...

(Womit ich dann wohl endlich mal meinem klerikalen Nickname gerecht geworden sein dürfte ;) !)

Rüdiger

Re: Neue Bücher

#26 Beitrag von Rüdiger »

IDDOC hat geschrieben:Für Dich scheint es May-Kenner und dann auf einer höheren Ebene May-Versteher zu geben
Es geht nicht um höher oder niedriger, also nicht um Wertungen. Die einen verstehen ihn halt, die anderen eher nicht. Die haben dafür vielleicht Zugang zu anderen, zu denen wiederum den May-Verstehern dieser Zugang vielleicht fehlt ... dem einen liegt dieser, dem anderen jener, das ist halt so und ist ganz in Ordnung. Fatal wird's, wenn die Leute ohne besagten Zugang Dinge beurteilen wollen, für die ihnen das Verständnis halt fehlt ... sie sind da gern sozusagen leicht bei der Hand.

Rüdiger

Re: Neue Bücher

#27 Beitrag von Rüdiger »

markus hat geschrieben:Wie May dachte und fühlte ist doch interessanter als nackte Zahlen, Daten, Fakten...
Beides ist interessant. Fatal wird's, wenn sich die Maykennerschaft der Freunde der Zahlen, Daten und Fakten im Kennen und Aufzählen selbiger sozusagen erschöpft ... und noch fataler, wenn Leute ihm aus irgendwelchen ziemlich irrelevanten Dingen wie z.B. "unkorrektem" (= im konkreten Fall: spielerischen, kreativen ...) Umgang mit Quellen einen Strick drehen wollen ...

Rüdiger

Re: Neue Bücher

#28 Beitrag von Rüdiger »

markus hat geschrieben:Was mir an dem kleinen Film über Scharpers Buch gefiel, ist, als Scharper sagt, daß Karl May kein dummer Pazifist war, sondern durchaus wußte daß man [...] auch mal ordentlich dreinschlagen muß

Schaper heißt der.

Pazifisten müssen nicht dumm sein, das ist etwas unglücklich ausgedrückt. Aber ich verstehe was Du meinst und da gehen wir ganz konform. Hemingway sah das auch so, man müsse einen guten Speer zum Töten mitnehmen und ihn immer dabeihaben, läßt er seinen Protagonisten gegen Ende von "Der alte Mann und das Meer" nach gemachten üblen Erfahrungen an einer wesentlichen Stelle erkennen, und Brecht formulierte ebenso salopp wie zutreffend Der Mensch ist gar nicht gut, drum hau ihn auf den Hut.
Jedenfalls kann man May als launenhaft bezeichnen, man weiß nie wirklich wo man bei ihm dran ist.
Ich würde eher sagen das sind mal wieder die vielbemühten Anteile ... Da kommen verschiedene Dinge zusammen bei May, zum einen neigte er wirklich des öfteren zum Opportunismus, zum die Fahne in den Wind hängen, schrieb schon mal so wie der jeweilige Verleger es halt gern hätte oder auch hatte, zum anderen ist halt auch das Leben selber, sind die Dinge an sich scheinbar widersprüchlich ... Und das hat er halt erkannt und entsprechend wiedergegeben ...
Er schrieb wohl Situationsabhängig, das was ihm privat zur Zeit des Schreibens umtrieb, was ihn beschäftigte, übertrug sich auf sein Schreiben.
Auch das spielt eine beträchtliche Rolle.

Rüdiger

Re: Neue Bücher

#29 Beitrag von Rüdiger »

IDDOC hat geschrieben:Es ist schwer izu wissen,was May gedacht hat
Manchmal, ja ... manchmal auch nicht. (Siehe Stolte ... ;-))
scheint er seine Meinung und Persona doch der jeweiligen Situation angepasst zu haben.
Noch einmal: Manchmal, ja ... manchmal auch nicht.
Wenn man sieht wie er Emma während der Scheidung behandelt hat
Ja, das war recht mies, die Art und Weise, das sehe ich auch so
nehme ich ihm den Pazifisten einfach nicht ab

Und da wird's halt interessant: denn solche scheinbar widersprüchlichen Dinge schließen sich eben nicht aus ... es kann einer zwischenzeitlich ganz mies und erbärmlich sich verhalten und dennoch ein sehr großes Herz haben und es wirklich im Grunde "gut meinen" ... Bei May ist beides glasklar zu sehen, Kälte und Zynismus einerseits und Warmherzigkeit und Menschlichkeit andererseits. Und (u.a.) das macht ihn interessant ... Beim Thomas Mann z.B. fehlen mir letztgenannte Züge ...
Warum sollte ich glauben was ein notorischer Lügner sagt
Weil er eben trotz zugegebenermaßen oftmaligen glatten Lügens auch sehr offen und ehrlich daherkommen kann ... nicht immer leicht zu erkennen, wann was gilt, das ist schon wahr, aber reizvoll zu versuchen das herauszufinden bzw. auseinanderhalten zu können ...
seine Gefühle die man nun wirklich nicht kennt.
Nicht ? Doch ...

;-)
Was mich an diesen selbsternannten May-Verstehern stört,ist das sie tatsächlich glauben das Wesen eines Menschen zu verstehen der bald 100 Jahre tot ist.
Ich hatte es schon einmal offenbar vergeblich erklärt, es ist schnurz, ob einer hundert oder tausend Jahre tot ist oder zeitgenössisch um einen herumhampelt, zu den einen hat man einen "Draht", egal ob zeitgenössisch oder tot, und zu anderen nicht, ganz einfach.
Ich halte es durchaus für ok Mays Texte und Verhalten zu interpretieren immer mit dem Vorbehalt,dass es so aber eben auch anders gewesen sein kann.
Dieses duemmliche Getue nur bestimmte May-Versteher könnten ins Innere des Menschen May schauen ist eine Selbstillusion.
Man kann halt an dem was die Leute äußern erkennen in wieweit sie durchblicken ... das solche Einschätzung subjektiv ist sei zugestanden.

Rüdiger

Re: Neue Bücher

#30 Beitrag von Rüdiger »

PaterHilario hat geschrieben:Papst Benedikt XVI. nannte das mal "jenen Vorschuss an Sympathie, ohne den es kein Verstehen gibt"...
Das hat der Herr Ratzinger schön ausgedrückt. Wobei es noch nicht einmal regelrechte "Sympathie" sein muß. (Nennen wir es z.B. ein "inneres Andocken" ...)

(Ach du bist der Tragophil ? oder das Uwel ?)

;-)

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