Das Reizvolle bei May

Rüdiger

Das Reizvolle bei May

Beitrag von Rüdiger »

Markus (in einem anderen Thread) hat geschrieben: Er hat doch im Grunde auch immer mehr oder weniger die gleichen Themen aufgegriffen, mal hier und da variiert. Das besondere an May war jedoch das anscheinend, auf den ersten Blick nebensächliche, das was (vielleicht) gar nichts, oder nicht viel mit der "eigentlichen" Handlung, Abenteuer, oder wie man es nennen will, zu tun hat. [...] Das Nebensächliche, das sind so die Gedanken, Gefühle Karl Mays, seine persönliche Weltanschauung, psychologisches, philosophisches, religiöses, biografisches, symbolisches, was er verpackt durch das Abenteuer, daß auch immer wieder ähnlich sein konnte, vermitteln wollte. Also das Nebensächliche wird zur eigentlichen Handlung und das Abenteuer an sich ist dann nur noch Beiwerk (ums schmackhafter zu machen), das wird mir immer mehr bewußt.
Claus Roxin, sehr kluger Kopf und langjähriger Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft, hat sinngemäß das Gleiche geschrieben, und zwar durchaus des öfteren, nachzulesen z.B. in diversen Einleitungstexten in KMG-Reprints.
Markus hat geschrieben: oder umgekehrt oder beides zu gleichen Teilen oder abwechselnd, mal hü, mal hot. Da haben wirs wieder, schein und sein jetzt auch schon zwischen den Leseebenen.
Ja, genau so ... (das werden jetzt einige für einen Scherz halten, ist aber keiner.) Fällt mir derzeit bei A & D wieder auf, da geht es hin und her zwischen Ernst und Scherz und wieder zurück, zwischen den Ebenen, den Deutungsmöglichkeiten ... Faszinierend.
markus
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Re: Das Reizvolle bei May

Beitrag von markus »

Machst mir jetzt alles nach? Müssen wir uns jetzt einen Ast absuchen wenn einer dem anderen antwortet?

;-))

*

Zum Thema (sicher auch bei dir verboten nicht zum Thema zurückzukehren ;-)) ): Das Reizvolle bei May? Hm, kanns als Mann nur schwer beurteilen. Sicher "sächselte" er mit (zumindest) seiner Emma sehr gut;-))).

Im Ernst, eines der reizvollsten Dinge die ich an Mays Werk immer schätzte (es gibt sicher noch unendlich viele andere Dinge die ich schätze, aber dieses hier fiel mir jetzt spontan ein) ist, daß ich immer mit ihm auf Reise war. So banal das klingt, aber wenn ich andere Autoren lese, bin ich natürlich auch mit in der Handlung drin, sehe z.B. bei Donna Leons "Brunetti" Venedig mit all seinen Reizen vor mir, obwohl ich noch nie da war und sie kann ja auch sehr gut erzählen, aber schlage ich das Buch nach der letzten Seite zu, ist der Roman für mich auch schon zuende, hat die Realität mich im Grunde wieder. Das ist bei May ganz anders. Er erzählt halt so plastisch, so wahr, obwohl es im Grunde (fast) alles ausgedacht ist. Es ist wahnsinn, man kanns kaum beschrieben, man ist dabei, man fühlt sich wenn in einer Szene vier Leute zusammenreiten oder so, als fünfter Reiter dabei, ohne fünftes Rad am Wagen zu sein. Karl May ist für mich in der Hinsicht allgegenwärtig, er verfolgt mich, na, ganz so schlimm ists (noch) nicht. Das macht es wohl aus, daß er eigentlich etwas ganz anderes erzählt, etwas worüber er bescheid weiß, aus seinem direkten Umfeld und aus seinem "Ich", das er aber geschickt mit den Beschreibungen von fernen Abenteuern verpackt, die er sich meist nur angelesen hat, ob es jetzt Erzählungen von Cooper, Ferry, Gerstäcker u.a. sind, oder auch Sachbücher über die Gegenden für seine Landschaftsbeschreibungen, Völkerkunde und Sprachproben. Wie ich schonmal sagte, Karl May war einer der aus einer Currywurst eine Delikatesse machen konnte, und was für eine. Andere versuchen sich direkt an der Delikatesse und scheitern kläglich.

*

Da hab ich die KMG-Reprints mittlerweile fast alle und hab noch nie (richtig) die Vorworte gelesen. Nachholbedarf!

;-)
Zuletzt geändert von markus am 9. Mär 2010, 18:46, insgesamt 1-mal geändert.
Rüdiger

Re: Das Reizvolle bei May

Beitrag von Rüdiger »

markus hat geschrieben:Machst mir jetzt alles nach? Müssen wir uns jetzt einen Ast absuchen wenn einer dem anderen antwortet?
Man braucht ja nicht lange suchen, sondern sieht, daß ein neuer Thread angelegt wurde. Und den habe ich halt angelegt, weil das, um das es hier geht, mit dem Thema in dem anderen Thread nicht mehr allzu viel zu tun hatte und man hier offenbar etwas überempfindlich auf alles reagiert, was zu sehr in Tellerrand-Nähe oder gar darüber hinaus zu geraten droht ...
markus hat geschrieben: Im Ernst, eines der reizvollsten Dinge die ich an Mays Werk immer schätzte (es gibt sicher noch unendlich viele andere Dinge die ich schätze, aber dieses hier fiel mir jetzt spontan ein) ist, daß ich immer mit ihm auf Reise war. So banal das klingt, aber wenn ich andere Autoren lese, bin ich natürlich auch mit in der Handlung drin, sehe z.B. bei Donna Leons "Brunetti" Venedig mit all seinen Reizen vor mir, obwohl ich noch nie da war und sie kann ja auch sehr gut erzählen, aber schlage ich das Buch nach der letzten Seite zu, ist der Roman für mich auch schon zuende, hat die Realität mich im Grunde wieder. Das ist bei May ganz anders. Er erzählt halt so plastisch, so wahr, obwohl es im Grunde (fast) alles ausgedacht ist. Es ist wahnsinn, man kanns kaum beschrieben
Karl May erklärt das an einer Stelle (In Im Reiche des Silbernen Löwen III) so:
»Kann man nur dann sehen, wenn man die Lider öffnet? Schließ deine Augen, Hanneh, und versetze dich in das Lager des Haddedihn?«

»Ich thue es,« nickte sie, indem sie die Augen zumachte.

»Geh jetzt zu deinem Zelte!«

»Ich sehe es.«

»Deutlich?«

»Ja, ganz genau so, wie es ist. Der Vorhang ist zurückgeschlagen; der helle Teppich glänzt heraus; mein Hündchen sitzt darauf. Im Nebenzelte bäckt man Brot. Ich sehe den dünnen Rauch, und ich rieche --- ja, Sihdi, ich rieche, daß der Teig sich schon zu bräunen beginnt. Ich rieche es wirklich, gewiß, wahrhaftig! Ist das nicht sonderbar?«

»Nein, gar nicht sonderbar! Deine Seele war jetzt dort! Wer das nicht begreift, der nennt es Phantasie.«
(Das habe ich zwar schon öfter zitiert, und die oder der eine oder andere wird jetzt vermutlich wieder denken der Kerl hat halt nichts anderes drauf und schreibt immer wieder das gleiche, aber das soll uns nicht weiter kratzen ...)
markus hat geschrieben: Da hab ich die KMG-Reprints mittlerweile fast alle und hab noch nie (richtig) die Vorworte gelesen. Nachholbedarf!
Insbesondere Die von Ilmer und Roxin sind sehr lesenswert. Du wirst sehen, sie meinen oft das Gleiche wie Du, auch wenn sie sich vielleicht anders ausdrücken ... (darauf kommt es m.E. auch nicht sonderlich an, auf das Wie. Sondern auf das Was.)
Rolf Dernen
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Re: Das Reizvolle bei May

Beitrag von Rolf Dernen »

markus hat geschrieben:
Karl May war einer der aus einer Currywurst eine Delikatesse machen konnte, und was für eine. Andere versuchen sich direkt an die Delikatesse und scheitern kläglich.

Hallo Markus!

Guter Satz! (Wenn auch grammatikalisch nicht perfekt...). Das trifft es - wenigstens nach meinem Geschmack - voll und ganz.

Herzliche Grüße
Rolf
markus
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Re: Das Reizvolle bei May

Beitrag von markus »

Danke Rolf.
Rolf Dernen hat geschrieben:(Wenn auch grammatikalisch nicht perfekt...)
Ich habs etwas geändert. Reicht das? Man will ja endlich grammatikalisch, rethorisch und rechthaberisch, äh, rechtschreiberisch perfekt werden;-))
Rolf Dernen
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Re: Das Reizvolle bei May

Beitrag von Rolf Dernen »

markus hat geschrieben:Danke Rolf.
Rolf Dernen hat geschrieben:(Wenn auch grammatikalisch nicht perfekt...)
Ich habs etwas geändert. Reicht das? Man will ja endlich grammatikalisch, rethorisch und rechthaberisch, äh, rechtschreiberisch perfekt werden;-))
Ach Gottchen, wenn Du so daher kommst... Wobei Du die zwei Fehler in diesem Deinem Satz nun bitteschön selbst finden mußt. ;-)))))
markus
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Re: Das Reizvolle bei May

Beitrag von markus »

Ach nö, dafür gibts doch Lektoren. Ich schick den Satz (am besten natürlich beide, da ich nicht weiß welchen du meinst) am besten zu den Bearbeitern der HKA oder zum Karl-May-Verlag, die wissen am besten wie man so einen Satz zerpflückt. In Zeiten von Globalisierung, politisch korrektem Verhalten und Gutmenschentum machen die aus meiner Currywurst dann noch einen Döner.

;-))

(Wenn ich so sehe was manche hier und in anderen Foren an Rechtschreibung und Grammatik drauf haben, daß es einem gradezu in den Augen weh tut, stehe ich eigentlich noch ganz gut da.)
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