Armstrongrevolverkanone

Marlies
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Armstrongrevolverkanone

Beitrag von Marlies »

Wat?

Da uebersetzt man mal schoen dahin ... geht in eine Falle ... streited mit den Uruguaischen Rinaldinis und nimmt eine 'Nun, man sieht eben, wie es geht' Haltung an und sinniert so vor sich hin dass 'Ein wenig List ist unter Umständen von besserer Wirkung, als eine .............. Armstrongrevolverkanone' .............. und schon kommt man 'to a screaching halt'. Wieder mal ...

Armstrongrevolverkanone ... Wat is dat?

Da soll ich wohl zum Pierer? (Nein - 0 Treffer) ... wat nu?
Rüdiger

Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von Rüdiger »

Keine Ahnung. Wenn ich so einen Ausdruck lese bei Karl May, gehe ich davon aus, er meint sozusagen Gott weiß was für eine Waffe, egal ob es sie gibt oder nicht. Ob es sie gibt, interessiert mich dann gar nicht ... für das Verständnis der Stelle ist das ja unwesentlich.

So ähnlich habe ich mal einem Herrn R geantwortet in einem anderen Forum auf eine vergleichbare Frage, woraufhin der sozusagen fuchsteufelswild wurde ... dabei wollte ich ihm gar nichts. Nur erklären wie ich persönlich mit so etwas umgehe. Er kann das ja anders machen solange er sozusagen lustig ist. Und jede(r) andere auch.

Aber da Du mir geistig etwas flexibler erscheinst, führe ich das gern noch ein wenig aus,

ich kann z.B. sagen "den Frieden vom Kloster Kamp", dann wird man vermutlich merken, daß eine friedvolle Atmosphäre der Ruhe usw. gemeint ist, egal ob es das Kloster Kamp gibt oder nicht. Es gibt es.

Ich kann auch sagen "den Frieden der Kapelle vom heiligen Bartholomäus in Heiligkreuzsteinach". Den Ort gibt es (und ob). Die Kapelle dort vermutlich nicht. Womit wir ein Beispiel haben wo ein Teil erfunden ist und ein Teil nicht.

Oder ich kann sagen "den Frieden der glücklichen Kühe von der Saftgrün-Wiese am Dreifaltigkeitskloster in Posemuckelsdorf". Das gibt es alles nicht. Völlig egal. In allen drei Fällen ist in etwa das gleiche gemeint.

:-)

(das (diese Ausführungen) löst natürlich nicht Dein Übersetzungsproblem. Ist aber nicht so schwer; nimm einfach das englische Wort für Revolverkanonen und schreibe Armstrong davor, dann stimmt's. Es sei denn Armstrongrevolverkanonen ist ein fester Begriff wie z.B. Le Waldsterben, dann stimmt's wieder nicht. Da muß wohl doch jemand anders helfen.)
Helmut
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Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von Helmut »

Also folgendes ("ergoogelt"):
Die Revolverkanone des Typs Hotchkiss Kaliber 37mm wurde 1865 entwickelt und besaß eine Feuergeschwindigkeit von 33 Schuss/Min. Sie sind ab der Zeit als Geschütze in den Grabenstreichen fast aller europäischer Festungen eingebaut worden. Sie waren geradezu ideal um die Gräben zu schützen. Diese Geschütztypen sind überall eingesetzt worden und nicht zuerst bei der Marine.
und
Die Hotchkiss war nachweislich in mindestens 28 Ländern eingeführt und wurde von zahlreichen Ländern in Linzenz nachgebaut (England bei Armstrong).
Karl May hatte offensichtlich (was ich äußerst interessant finde) ein sehr großes (auch militärisches) Allgemeinwissen; wie das Allgemeinwissen der Leute damals (zumindest des "lesenden Teils davon") viel größer war als heute.
Zum Übersetzen hilft das allerdings auch noch nicht weiter, aber es gibt vielleicht Hinweise auf die beiden (vermutlich englischen) Firmen "Hotchkiss" und eben "Armstrong".

Helmut
Rüdiger

Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von Rüdiger »

Helmut hat geschrieben: Karl May hatte offensichtlich (was ich äußerst interessant finde) ein sehr großes (auch militärisches) Allgemeinwissen
Ein Heft (ich sehe das Titelblatt bzw. das Foto darauf mit entsprechendem Spruch drunter vor meinem geistigen Auge, so sehr hat mich das seinerzeit, kann schon ein paar Jahre her sein, "beeindruckt") versuchte auch einmal eben diesen Eindruck zu erwecken, den ich indes für einen gewaltigen Trugschluß halte. Abgeschrieben hat er, auch das konnte er ganz gut.

Zum Allgemeinwissen Karl Mays äußerte sich (ohne konkret Karl May zu meinen, was auch zeitlich etwas schwierig gewesen wäre) sehr treffend Schopenhauer:

"Die Gelehrten sind die, welche in den Büchern gelesen haben. Die Denker, die Genies, die Welterleuchter und Förderer des Menschengeschlechtes sind aber die, welche unmittelbar in dem Buch der Welt gelesen haben."

(abgeschrieben)

(Eins von zweieinhalb Schopenhauer-Zitaten, die ich kenne)

:-)

(jetzt kommt mir bestimmt irgendjemand mit dem Spruch aus dem kleinen Schopenhauer-Lesebuch von Zweitausendeins, war ziemlich vorne glaube ich, ich rieche es förmlich ...)
Angel
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Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von Angel »

Hier ist auch noch etwas über diesen Waffenausdruck zu lesen:
http://lexikon.power-oldie.com/Armstrong-Kanone

und hier, dass die Waffe in die Kategorie Geschütze einzuordnen ist:
http://lexikon.power-oldie.com/Kategorie:Gesch%C3%BCtz
Suedlohner
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Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von Suedlohner »

Hallo Marlies,

vielleicht helfen Dir diese Angaben ein bißchen weiter:


Armstrong:
Sir William George, Ingenieur, geb. 26. Nov. 1810 in Newcastle upon Tyne, gest. 27. Dez. 1900 in Newcastle, studierte die Rechte, dann Naturwissenschaft, konstruierte die Dampfkesselelektrisiermaschine, widmete sich dann der Technik und baute 1846 einen hydraulischen Kran, den er anfangs mit Wasserturm, seit 1857 mit Akkumulator betrieb. Letzterer ist von großartiger Bedeutung für die Technik geworden. In seiner Maschinenfabrik zu Elswick wirkte er bahnbrechend auf dem Gebiete der Geschützrohrkonstruktion. Seine Kanonen wurden auch in andern Staaten eingeführt. Nachdem aber seine ersten Hinterlader den Erwartungen nicht entsprochen hatten, lieferte er nur Vorderlader, bis diese bei der Aufgabe des Panzerschießens schließlich doch von den Hinterladern übertroffen und allgemein als minderwertig anerkannt wurden. Hauptvorzug der Armstrongrohre war ihre große Widerstandskraft gegen die Wirkung des Pulvers im Geschütz, erreicht durch die Herstellung der Rohre aus Stäben, bez. übereinandergezogenen Röhren, welches System dann von Fraser ausgebildet wurde. A. wurde 1859 zum Hauptingenieur für das gezogene Geschütz ernannt, als »Baron von Cragside« geadelt und Direktor der königlichen Gießerei; 1887 erhielt er die Peerswürde. Er schrieb: »Discussions on the abolition of patents for inventions« (Lond. 1869).

Meyers Großes Konversations-Lexikon (1905)
Viele Grüße
Wolfgang
Marlies
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Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von Marlies »

uff uff uff !!!
http://de.wikipedia.org/wiki/Armstrong-Kanone

Dank an alle ... 'Armstrong gun' tuts ... wenn ich die Bilder so anschaue kann der Armstrongrevolverkanone-Ausdruck geradesogut mit 'heavy artillery' (generic Ausdruck) ersetzt werden ... der 'diametrically opposed' and 'poles apart' Gegensatz zu 'List'.

>>>da Du mir geistig etwas flexibler erscheinst<<< keep it coming ;-) dem Bauchpinseln bin ich nicht abgeneigt ;-)

@ Helmut ... ich versuchte nur google.com (nicht de) und erhielt nur ebendendaoben Karl May Text. (Wenn man die Zeit vergleicht war's mir auch schon zu spaet um mein Gehirn noch mehr anzustrengen - ich glaube meiner Zeitnach war's schon heute).

Das 'Armstrong' Resultat wurde mir auch von USA zugeschickt ... 10 out of 10 ... super!
RoVives
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Re: Armstrongrevolverkanone - Allgemeinwissen

Beitrag von RoVives »

Rüdiger hat geschrieben:
Helmut hat geschrieben: Karl May hatte offensichtlich (was ich äußerst interessant finde) ein sehr großes (auch militärisches) Allgemeinwissen
Ein Heft (ich sehe das Titelblatt bzw. das Foto darauf mit entsprechendem Spruch drunter vor meinem geistigen Auge, so sehr hat mich das seinerzeit, kann schon ein paar Jahre her sein, "beeindruckt") versuchte auch einmal eben diesen Eindruck zu erwecken, den ich indes für einen gewaltigen Trugschluß halte. Abgeschrieben hat er, auch das konnte er ganz gut.

Zum Allgemeinwissen Karl Mays äußerte sich (ohne konkret Karl May zu meinen, was auch zeitlich etwas schwierig gewesen wäre) sehr treffend Schopenhauer:

"Die Gelehrten sind die, welche in den Büchern gelesen haben. Die Denker, die Genies, die Welterleuchter und Förderer des Menschengeschlechtes sind aber die, welche unmittelbar in dem Buch der Welt gelesen haben."

(abgeschrieben)

(Eins von zweieinhalb Schopenhauer-Zitaten, die ich kenne)

:-)

(jetzt kommt mir bestimmt irgendjemand mit dem Spruch aus dem kleinen Schopenhauer-Lesebuch von Zweitausendeins, war ziemlich vorne glaube ich, ich rieche es förmlich ...)
@Rüdiger
Diesem kann ich überhaupt nicht beipflichten, ich persönlich halte auch die Zitate nicht auf Karl May passend.
Meines Erachtens kann die Bibliotheksarbeit gar nicht hoch genug geschätzt werden.
Im Gegensatz zu Karl May merkt man bei vielen der ach so hoch gelobten Autoren und Preisträgern wenig von Bibliotheksarbeit.
Bei Karl May kann man sehr gut unterscheiden zwischen dem, was er aus Bibliotheken geschöpft hat und seiner eigenen Ansicht dazu, die er dem mehr oder weniger geneigten Leser unterbreitet.
In dieser Form habe ich das bisher nur bei ganz wenigen Werken vorgefunden, allenfalls noch in dem dicken (und viel schwerer lesbaren) "Die sieben Säulen der Weisheit" ("Seven Pillars of Wisdom") von Lawrence. Im Unterschied zu Karl May ist allerdings dort außer verarbeitetem Wissen auch tatsächlich selbst Erlebtes mit verarbeitet.
Das wertet allerdings in meinen Augen die Leistung von Karl May nicht ab, den ich nun nach 25 Jahren weitgehender "Abstinenz" erneut mit anderen Augen als früher lese.
Rüdiger

Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von Rüdiger »

Ich wollte auch die Leistungen Karl Mays nicht abwerten, wobei man individuell von ganz unterschiedlichen ‚Leistungen’ beeindruckt sein kann. Seinen Fleiß oder auch sein geschicktes ‚Händchen’ im Benutzen von Quellen in allen Ehren, aber diesen Aspekt seines Werks halte ich halt für relativ sekundär.

Ich hatte sagen wollen, Wissen & Bildung beeindrucken mich nur, wenn jemand auch damit umgehen kann, es verwerten, etwas daraus machen, in Bezug setzen. Ein relativ ungebildeter Karl May (machen wir uns da doch nichts vor) ist für mich beeindruckender und interessanter als ein „hochgebildeter“ Intellektueller, wenn der in Sachen Zusammenhänge & Querverbindungen sehen, Kreativität, Phantasie, ‚eigenem Kopf’ usw. nicht allzu viel ‚draufhat’, sein Wissen also nicht umsetzen, verwerten, in Beziehung setzen kann, und mich langweilt.

Karl May hat immer etwas „draus gemacht“, wenn er mal mit „Bildung“ daherkam. Bei anderen langweilt man sich in der Hinsicht manchmal sozusagen zu Tode.

Was nützt es, wenn Leute mit Jahreszahlen, Epochen, Namen, Begriffen, Kategorien usw. usf. kommen, wenn sie die Geschichten nicht verstehen ... (Im „Sendador“ z.B. geht es nicht um Südamerika, warum soll ich also im Weltbild-Band „In den Cordilleren“ im Vorwort gefühlte fünfundzwanzig Seiten an „Hintergrundinformationen“ lesen, die mit dem, was Karl May mit dem Buch wollte bzw. worum es ihm darin ging, überhaupt nichts zu tun haben ... Oder, anderes Beispiel, die Dessauer-Geschichten ... da kommen sie einem auch immer mit Jahreszahlen, Biographien, Geschichte, Politik, weißichwas, einer hat mal „nachgewiesen“, daß ein Ortsname nicht „korrekt“ sei, nun, entweder hat May da geschlampert, möglich, glaube ich aber nicht, oder aber ganz bewußt einen realen Namen etwas verfremdet ... schnurz ... in den Dessauer-Geschichten verarbeitet May die Beziehung zu seinem Vater, vermutlich unbewußt ... da wird dummdreiste Willkür & Gewalt ‚schöngeschrieben’ ... Darum geht’s, nicht um irgendeinen Komisskopp von Anno Tobak, der einen mit Recht wirklich nicht die Bohne interessiert.)

Die Zitate passen nicht ? Welche ? Das Schopenhauer-Zitat paßt wie die Faust auf’s Auge ...
Zuletzt geändert von Rüdiger am 20. Jun 2009, 15:29, insgesamt 1-mal geändert.
markus
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Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von markus »

Na da seid ihr euch doch, wenn man genau hin schaut, zum großen Teil einer Meinung;-). May war ein nicht sehr gebildeter Mann (nur aus heutiger Sicht, damals war das schon was, wenn über Generationen hinweg für einen Hungerlohn gearbeitet wurde, es plötzlich jemanden in der Familie gab der etwas höheres wurde und sei es nur Lehrer (Hätte die Familie das nötige Geld gehabt, hätte er sogar Arzt studieren können, soviel zu "nicht gebildet" *g*(ist ja wieder aktuell wenn man die momentanen Studentendemos gegen Studiengebühren sieht))) der mit dem Wissen seiner Bibliothek mehr rausholen konnte als so manch ein Gelehrter oder Wissenschaftler, das sind nur Faktensammler, Karl May hingegen, in Verbindung mit seiner Fantasie, machte was draus.

Das hat er wohl auch unbewußt in Form der Figur "Hobbel-Frank" verarbeitet. Dem waren ja auch immer die Gymnasiasten ein Dorn im Auge. Vom Leben usw. hätten die keine Ahnung. Genauso kriegt es Charley auch von anderen zu hören wie dem Büchsenmacher Henry der meint man müsse erstmal 25 (oder waren es 50?) Jahre seine Nase ins Leben halten, erst dann sei man einigermaßen gebildet und ein gewisser Sam Hawkens wenn ich mich nicht irre konnte es kaum glauben daß ein Westmann zwischendurch in die Zivilisation zurückkehrt um über seine Erlebnisse Bücher zu schreiben. Entweder ist er ein Leben lang Westmann und seine Finger sind irgendwann unbrauchbar zum schreiben (abgesehen davon daß es ihm nie einfällt sein freies Leben mit der Enge einer Stadt einzutauschen), oder derjenige der Bücher über den Westen schreibt ist nie im Westen gewesen, er hätte ihn ja sonst nicht verlassen.

Damit lobt Karl May sich ja irgendwie selber, nicht wahr. Er ist doch der beste Beweis daß einer der nie im wilden Westen war, vieleicht besser über ihn schreiben konnte als so manch einer der dort war, jetzt aber fast in Vergessenheit geraten ist (siehe Möllhausen, Gerstäcker). Und er ist Beweis dafür daß er aus dem geballten Fachwissen seiner Bibliothek (in den Anfängen seiner schriftstellerischen Laufbahn noch mit bescheidener Ausstattung) und wie oben schon beschrieben nochmals gesagt in Verbindung mit seiner unglaublichen Fantasie, eine Menge für seine Romane und Erzählungen rausholen konnte. Aber auch sein selbsterlebtes biografisches, sein besonderer Erzählstil (der unheimlisch schwer zu erklären ist) und auch die Symbolhaftigkeit, die schon in den frühen Erzählungen vorhanden ist (man muß sie nur richtig lesen), sind mit seinem Werk unzertrennlich miteinander verbunden. Darüber hinaus gibt es noch viel mehr was ein Karl-May-Roman ausmacht
Rüdiger

Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von Rüdiger »

Markus hat geschrieben: und sei es nur Lehrer
Dankeschön. Die pflegen ja ihr Sichfürsonstetwashalten schon mal gern in Gesicht & Gestus vor sich her zu tragen … (vorsichtshalber: nicht alle. Die Mehrzahl aber vielleicht schon.)

:-)
Markus hat geschrieben: Das hat er wohl auch unbewußt in Form der Figur "Hobbel-Frank" verarbeitet.
Seine persönliche Mischung aus Begabtheit und gelegentlich abstrus sich gebärdender Gschlamperei, ja
Markus hat geschrieben: Dem waren ja auch immer die Gymnasiasten ein Dorn im Auge.

Wo steht das denn ? [Nirgends …] Der „Gute Kamerad“ hatte die als Zielgruppe …

Karl May nimmt sich mit dem Hobble Frank selber auf die Schippe. Weil er wusste, daß seine Kenntnisse und sein Urteilsvermögen ihre natürlichen Grenzen hatten. Was wiederum nicht heißt, daß er dumm oder ungebildet gewesen wäre. (Immer schön differenzieren ...)
Markus hat geschrieben: Damit lobt Karl May sich ja irgendwie selber, nicht wahr.
Irgendwie musste er seine Demütigungen doch kompensieren … Und: er wusste vermutlich ziemlich genau, was er konnte, und was er nicht konnte.
Markus hat geschrieben: manch einer der dort war, jetzt aber fast in Vergessenheit geraten ist (siehe Möllhausen, Gerstäcker).
Die beiden haben das große Glück, nicht für’s Volk vermarktet worden zu sein und entsprechend relativ unbekannt … da redet dann auch nicht jeder über sie mit, und sie werden nicht auf alle mögliche und unmögliche Weise verhackstückt und verballhornt, das hat große Vorteile.
Markus hat geschrieben: sein besonderer Erzählstil (der unheimlisch schwer zu erklären ist)
Ja und Nein. Er schreibt so, daß man merkt, daß er immer (bzw. meistens) mit dem Herzen dabei ist, mit Herz und Seele, wie es so schön heißt (ohne daß ich jetzt Seele definieren will, kann ich gar nicht). Eben nicht bei „zugeknöpftem Rock“, wie es in ‚Old Surehand’ zu dem Thema sehr schön heißt. Sein Schreiben ist aufrichtig (das ist der ‚Witz’, bei einem Pseudologen …), offen, ungefiltert. Vermittelt sich Eins zu Eins direkt in Herz & Hirn.
Zuletzt geändert von Rüdiger am 20. Jun 2009, 15:20, insgesamt 2-mal geändert.
Helmut
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Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von Helmut »

Rüdiger hat geschrieben: (Im „Sendador“ z.B. geht es nicht um Südamerika, warum soll ich also im Weltbild-Band „In den Cordilleren“ im Vorwort gefühlte fünfundzwanzig Seiten an „Hintergrundinformationen“ lesen, die mit dem, was Karl May mit dem Buch wollte bzw. worum es ihm darin ging, überhaupt nichts zu tun haben ... ...
Um mich nochmals zu wiederholen, diese Deine Sicht ist da meiner Meinung nach eben auch einseitig, wenn auch "von der anderen Seite aus". Es ist zwar richtig, dass dies hauptsächlich so ist, aber es ging ihm (Karl May) eben auch darum, das "angelesene Faktenwissen" an seine Leser weiter zu vermitteln, so wie ich das sehe. Da war er eben einfach zu sehr selbst "Lehrer" (was wir nicht vergessen sollten) um das zu versäumen.
Und das ist ihm ja bekanntlich in großartigster Weise gelungen. Denn woher kommt z.B. bei uns das Wissen über den Islam, wenn nicht von Karl May? Kein Mensch erinnert sich an Layard, von dem er das alles "entliehen" hat, oder gar an irgendwelche Einträge in Lexika. Nein, wir alle haben da von ihm als sehr, sehr gutem "Lehrer" profitiert, dem es gelang alle diese Fakten geschickt verpackt in seinen Romanen unterzubringen. Und auch diese seine Leistung sollte keineswegs gering geschätzt werden, wenn es sicherlich eigentlich anderes ist, was seine Bücher "ausmacht".

Helmut
Rüdiger

Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von Rüdiger »

Ok. - Es geht um Gewichtungen, Schwerpunkte. Und da ist besagtes Vorwort im Weltbild-Band ein Paradebeispiel für hunderte und tausende vergleichbarer Ärgernisse.

http://141.30.89.80/~thomas/maybuecher/ ... 90&_sort=A

;-)
markus
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Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von markus »

Rüdiger hat geschrieben:
Markus hat geschrieben: Dem waren ja auch immer die Gymnasiasten ein Dorn im Auge.

Wo steht das denn ? [Nirgends …] Der „Gute Kamerad“ hatte die als Zielgruppe …
Ersetz das D durch ein K, dann hat er sie zumindest aufs Korn genommen:
»So habt Ihr wohl indessen Euer Deutsch verlernt?«

Beide hatten bisher englisch gesprochen. Bei der letzten Frage richtete Frank seine kleine Gestalt möglichst hoch im Sattel empor und antwortete in beleidigtem Tone:

»Ich? Meine Schprache verlernt? Da kommen Sie bei mir merschtenteels verkehrt an! Ich bin een Deutscher und bleib een Deutscher, zumal wir jetzt nu eenen Kaiser haben. Wissen Sie ungefähr, wo dazumal meine Wiege geschtanden hat?«

»Nein. Ich war ja nicht dabei.«

»Wenn ooch! Sie müssen ja gleich an meiner Ausschprache merken, daß ich aus der Provinz schtamme, in der man das reinste Deutsch spricht.«

»So! Welche wäre das?«

»Allemal nur Sachsen! Verschtehen Sie? Ich hab' schon noch mit anderen Deutschen geschprochen, aberst ich hab' so einen niemals nicht so gut verschtanden, als wenn er eben in Sachsen geboren gewest wäre. Sachsen ist das Herz von Deutschland. Dresden ist klassisch; die Elbe ist klassisch; Leipzig ist klassisch; die sächsische Schweiz ist klassisch, und der Sonnenstein ooch. Das schönste und reinste Deutsch hört man auf der Schtrecke zwischen Pirna und Meißen, und grad so ziemlich zwischen diesen beiden Schtädten hab' ich mein erschtes Licht der Welt erblickt. Und nachhero schpäter hab' ich ganz in derselbigen Gegend meine Karriere angefangen. Ich war nämlich Forschtgehilfe in Moritzburg, was een sehr berühmtes königliches Jagdschloß ist mit eener famosten Bildergalerie und großen Karpfenteichen. Sie sehen also, daß ich een wirklich angeschtellter Beamter gewest bin mit zwanzig Thaler Monatsgage. Mein bester Freund war der dortige Schulmeister, mit dem ich alle Abende Sechsundsechzig geschpielt und nachhero von den Künsten und Wissenschaften geschprochen habe. Dort hab' ich mir eene ganz besondre allgemeine Bildung angeeignet und auch zum erschtenmale erfahren, wo Amerika liegt. In der deutschen Schprache waren wir einander sehr überlegen, und darum weiß ich ganz genau, daß in Sachsen ohne alle Umschtände der allerschönste Syntax geschprochen wird. Oder zweifeln Sie etwa daran? Sie machen mir so een verbohrtes Gesicht!«

»Ich mag nicht darüber streiten, obgleich ich früher Gymnasiast gewesen bin.«

»Wie? Ist's wahr? Auf dem Gymnasium haben Sie schtudiert?«

»Ja, ich hab' auch mensa dekliniert.«

Der Kleine warf ihm von der Seite einen pfiffigen Blick zu und sagte:

»Mensa dekliniert? Da haben Sie sich wohl verschprochen?«

»Nein.«

»Na, dann ist's mit Ihrem Gymnasium ooch nicht sehr weit her. Es heißt nicht dekliniert, sondern deklamiert, und auch nicht Mensa, sondern Pensa. Sie haben Ihre Pensa deklamiert, vielleicht des Sängers Fluch von Hufeland oder den Freischütz von Frau Maria Leineweber. Aberst deshalb keine Feindschaft nicht. Es hat eben jeder so viel gelernt, wie er kann, mehr nicht, und wenn ich eenen Deutschen sehe, so freue mich drüber, ooch wenn er nicht grad een gescheiter Kerl ist oder gar een Sachse. Also, wie schtehts? Wolln wir gute Freunde sein?«
(aus "Der Sohn des Bärenjägers")

;-)
Rüdiger hat geschrieben:
markus hat geschrieben:manch einer der dort war, jetzt aber fast in Vergessenheit geraten ist (siehe Möllhausen, Gerstäcker).
Die beiden haben das große Glück, nicht für’s Volk vermarktet worden zu sein und entsprechend relativ unbekannt … da redet dann auch nicht jeder über sie mit, und sie werden nicht auf alle mögliche und unmögliche Weise verhackstückt und verballhornt, das hat große Vorteile.
Naja...aber ob das von so großem Vorteil ist relativ unbekannt zu sein. Ich hab mich bis vor ca. 10 Jahren kaum bis gar nicht für Karl May interessiert, geschweige denn ihn gelesen. Ob ich jetzt hier sitzen und über ihn schreiben würde wenn er so unbekannt wäre wie die obigen beiden Schriftsteller wage ich mal zu bezweifeln.
Rüdiger hat geschrieben:
markus hat geschrieben:sein besonderer Erzählstil (der unheimlisch schwer zu erklären ist)
Ja und Nein. Er schreibt so, daß man merkt, daß er immer (bzw. meistens) mit dem Herzen dabei ist, mit Herz und Seele, wie es so schön heißt (ohne daß ich jetzt Seele definieren will, kann ich gar nicht). Eben nicht bei „zugeknöpftem Rock“, wie es in ‚Old Surehand’ zu dem Thema sehr schön heißt. Sein Schreiben ist aufrichtig (das ist der ‚Witz’, bei einem Pseudologen …), offen, ungefiltert. Vermittelt sich Eins zu Eins direkt in Herz & Hirn.
Dem kann ich nur zustimmen, aber er ist nur ein Teil seines Stils. Darüber hinaus gibts noch viel mehr Fassetten zu erklären, was aber nicht in einem Satz gelingt (das wollte ich damit sagen, eigentlich ein Kompliment für May, der schwer zu erklären ist und doch dann wieder leicht, jenachdem wie weit man sich schon mit ihm beschäftigt hat).
markus
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Re: Armstrongrevolverkanone

Beitrag von markus »

Helmut hat geschrieben:
Rüdiger hat geschrieben: (Im „Sendador“ z.B. geht es nicht um Südamerika, warum soll ich also im Weltbild-Band „In den Cordilleren“ im Vorwort gefühlte fünfundzwanzig Seiten an „Hintergrundinformationen“ lesen, die mit dem, was Karl May mit dem Buch wollte bzw. worum es ihm darin ging, überhaupt nichts zu tun haben ... ...
Um mich nochmals zu wiederholen, diese Deine Sicht ist da meiner Meinung nach eben auch einseitig, wenn auch "von der anderen Seite aus". Es ist zwar richtig, dass dies hauptsächlich so ist, aber es ging ihm (Karl May) eben auch darum, das "angelesene Faktenwissen" an seine Leser weiter zu vermitteln, so wie ich das sehe. Da war er eben einfach zu sehr selbst "Lehrer" (was wir nicht vergessen sollten) um das zu versäumen.
Und das ist ihm ja bekanntlich in großartigster Weise gelungen. Denn woher kommt z.B. bei uns das Wissen über den Islam, wenn nicht von Karl May? Kein Mensch erinnert sich an Layard, von dem er das alles "entliehen" hat, oder gar an irgendwelche Einträge in Lexika. Nein, wir alle haben da von ihm als sehr, sehr gutem "Lehrer" profitiert, dem es gelang alle diese Fakten geschickt verpackt in seinen Romanen unterzubringen. Und auch diese seine Leistung sollte keineswegs gering geschätzt werden, wenn es sicherlich eigentlich anderes ist, was seine Bücher "ausmacht".

Helmut
Dem stimme ich voll zu. Daß er auch Lehrer seiner Leser sein wollte, erfahren wir ja ziemlich am Anfang von "Winnetou I" im Zwiegespräch mit Sam Hawkens. Ich glaube wenn er gekonnt/gedurft/gewollt hätte (wie auch immer) wäre er sicher ein guter Lehrer geworden. Ein guter Lehrer ist für mich nicht in erster Linie einer der mir seine geballte Ladung Fachwissen um die Ohren haut, sondern einer bei dem es interessant ist zu lernen und es auch Spaß macht zur Schule zu gehen. So ein Lehrer wäre May gewesen oder er hätte es zumindest versucht (Mein Bild der Erziehungsinstanzen des 19. Jahrhunderts ist nicht grade ein locker-flockiges;-)) ).
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