Mitteilungen der KMG 147

Hermesmeier

Mitteilungen der KMG 147

Beitrag von Hermesmeier »

Soeben sind sie bei mir eingetroffen, die neuen M-KMG. Leider findet sich dort gleich zu Beginn ein schwerer Fehler. Auf Seite 4 wird ein ramponierter, privat gebundener Fehsenfeld-Band in Halbleder gezeigt, von dem man behauptet, es handele sich um jene "Halblederausstattung ohne Titelbild, die dem KMV als Vorlage für seinen Luxusreprint der Gesammelten Reiseerzählung[en] diente".

Ganz abgesehen davon, dass ein Vergleich aller Reprint-Varianten mit dem abgebildeten Stück zeigt, dass da keinerlei Verwandtschaft besteht, kann man durch das zerschlissene Außengelenk drei echte Bünde durchschimmern sehen, die es bei Fehsenfeld-Verlagsbindungen nie gab. Wer einen Vergleich mit echten Fehsenfeld-Halblederbänden anstellen möchte, hat hierzu in KARL MAY & Co. Nr. 97, Seite 43 (Abb. 6 und 7) Gelegenheit.

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Dem "Offenen Brief an Andreas Graf" von Dr. Dieter Sudhoff, der ungerechtfertigte Kritik an der May-Chronik in sachlicher und launiger Weise zurechtrückt, stimme ich im Wesentlichen zu, vor allen Dingen in jenen Punkten, die sich mit der Wohlgschaft-Biografie befassen. Allerdings entdecke ich auch einen Widerspruch:
Sudhoff pflichtet einerseits Stefan Hock (S. 54) bei, der die "Unzielmäßigkeit" als "das Gebot jeder Wissenschaft" ansah. Gleichzeitig begründet er das Ungleichgewicht bei der Mitteilung bibliografischer Daten damit, das es sich beim "Spätwerk" "um Mays bedeutendste Texte" handele und man daher bemüht war, "möglichst alle Nachdrucke (zu) verzeichnen" (S. 56). An dieser Stelle hat das Ziel, das Spätwerk zu bevorzugen, die Faktenauswahl tangiert. Und das ist ein Verstoß gegen die "Unzielmäßigkeit".
Überhaupt halte ich die These, das Spätwerk beinhalte die bedeutendsten Texte, für äußerst gewagt. Zählbare Fakten jedenfalls sprechen dagegen. Natürlich wird mir Dr. Sudhoff entgegen halten, dass Auflagenziffern allein nicht die "Bedeutung" eines literarischen Werkes ausmachen. Dem sei aber gleich vorne weg erwidert, dass ein Werk auch nicht dadurch "Bedeutung" erlangt, dass eine mit Medienmacht ausgestattete kleine Minderheit der riesigen Lesergemeinde Karl Mays auf den Spuren Arno Schmidts es sich zur Aufgabe gestellt hat, das Spätwerk zu propagieren.
Die Reise- und Jugenderzählungen, ja selbst die Kolportageromane sind in meinen Augen wirkungsmächtiger als das Spätwerk, und zwar in erheblichem Maße. Das gilt sowohl für die Adaption der Stoffe im Film, auf der Bühne und in Hörspiel- bzw. Hörbuchproduktionen, als auch für die Rezeption, denn welcher andere Autor hätte jemals Figuren des Spätwerks oder Motive daraus für eigene Werke verwendet oder karikiert/persifliert?
Rüdiger

Beitrag von Rüdiger »

„Wirkungsmächtiger“ ist nun auch etwas anderes als „bedeutender“. Reiseerzählungen und Kolportageromane sind wirkungsmächtiger als das Spätwerk, und ich persönlich lese erstere (je nach Lust und Laune) manchmal durchaus lieber als letzteres, aber bedeutender dürfte nichtsdestotrotz letzteres sein. Oder Heinz Erhard und Hanns Dieter Hüsch auf der einen und Thomas Mann und Arthur Rimbaud auf der anderen, ich persönlich … (siehe oben), aber …

;-)

Im übrigen: das Spätwerk verfilmen, gar auf Freilichtbühnen bringen oder sonstwie verwurschten, das fehlte gerade noch. Man muß ja nun nicht alles kaputtmachen. Gönnt uns doch einen Rest-Original-Karl-May.
Hermesmeier

Beitrag von Hermesmeier »

Lieber Rüdiger!

Dann erklär Du mir mal, wer oder was entscheidet, das etwas "bedeutend" ist, wenn es Auflagenzahlen, Wirkung und Rezeption nicht sind.

Gruß
Wolfgang
Rüdiger

Beitrag von Rüdiger »

Hab' ich doch gerade, in etwa, versucht.

Sind Dieter Bohlen, Daniel Kübelböck, Jürgen von der Lippe oder die BILD-Zeitung "bedeutend", nur weil sie populär sind ?

;-)
Rüdiger

Beitrag von Rüdiger »

Bzw., wer oder was entscheidet, was bedeutend ist, weiß ich auch nicht, vielleicht letzten Endes jeder für sich allein. Aber ganz bestimmt nicht die Mehrheit, das wäre ja noch schöner. Die hat sich seinerzeit, einem Ondit zufolge, auch für einen gewissen Barrabas entschieden, wobei der Gegenkandidat meines Wissens doch als der weitaus Bedeutendere gelten kann.

;-)
Hermesmeier

Beitrag von Hermesmeier »

Lieber Rüdiger!

Ich weiß jetzt gerade nicht, ob Du Dich selbst reinlegen wolltest, oder es nur nicht gemerkt hast. Aber im Falle des Zimmermanns aus Nazareth hat die Mehrheit doch entschieden? Oder zu welchem Ergebnis kommst Du, wenn Du die Zahl der Christen weltweit mit Zahl der Barrabas-Anhänger vergleichst?

Gruß
Wolfgang
Rüdiger

Beitrag von Rüdiger »

Mir ging es um die Freilassung, als gefragt wurde, wen sie haben wollten. Wie die Zahlen weltweit aussehen, das weiß ich gar nicht, da dürfte es sich ja auch zum großen Teil um Papier-„Christen“ handeln. Ich würde auch bei fünfhundert Zuschauern auf einer Freilicht-Bühne nicht von fünfhundert Karl-May-Fans ausgehen, vielleicht von zweien oder dreien, vielleicht ist auch mal gar keiner dabei.

;-)
Hermesmeier

Beitrag von Hermesmeier »

Jetzt wird es plötzlich gaaanz langweilig.
Rüdiger

Beitrag von Rüdiger »

Jetzt wird’s noch langweiliger:

„Es steht mit der Sache der Menschheit nicht so gut, daß das Bessere der Mehrzahl gefällt; ein großer Haufe ist ein Beweis vom Schlechtesten. Laß uns daher fragen, was am Besten zu thun sei, nicht was am gewöhnlichsten geschehe, und was uns in den Besitz eines ewigen Glücks setze, nicht was dem großen Haufen, dem schlechtesten Dolmetscher der Wahrheit, genehm sei. Den großen Haufen aber nenne ich eben sowohl die Leute mit Kronen, als die im Flausrock.“

(Seneca)

;-)
Hermesmeier

Beitrag von Hermesmeier »

Hallo Rüdiger!

Es ist immer wieder überraschend, wie schnell Du es schafft, ein angestoßenes Thema kaputtzudiskutieren, indem Du einen Einzelaspekt aus einem größeren Zusammenhang herausreißt und dann schwuppdiwupp in eine ganz andere Richtung lenkst. Falls es doch jemanden interessieren sollte, möchte ich dazu appellieren, auf den ersten Beitrag in diesem Thread zu reagieren. Und eins nachlegen möchte ich auch noch:

Versteht irgend jemand den Artikel "Interkulturalität und Alterität" von Hans-Joachim Jürgens? Dieses fremdwortgespickte Ungetüm, das sich mir als eine Neuanschaffung im Schrank des Kaisers neuer Kleider darstellt, ist schon formal eine Zumutung:
Der Beitrag umfasst nur 2 Seiten Haupttext, dazu gibt es 1 Seite mit Fußnoten und über 3 (!) Seiten Literaturverzeichnis, und die Redaktion gönnt dem Leser - was auch ein Novum ist - eine Viertelseite "Kleines Fachbegriffs-Glossar", wo man erfährt, was Wortungetüme wie "ontoformative Formationen" bedeuten.
Dass man zum Schluss des Artikels erfährt, dass man es eigentlich nur mit einer Einleitung zu tun hat, der noch ein erster, zweiter und dritter Teil folgen sollen, empfinde ich als Drohung und nicht als Versprechen.
In diesem Artikel finden sich Satzgeschwulste, die einem vor Lachen Tränen in die Augen trieben, wenn sie denn von Loriot vorgetragen wären. Und ich mag sie hier auch gar nicht zitieren, um niemandem die Vorfreude zu nehmen. Rhetorisch verbrämtes, aber im Wesentlichen inhaltsleeres Wortgeklingel, was einem zum Mindesten eine Teilerklärung liefert, weshalb die Mitgliederzahl der KMG von ehemals über 2.000 auf mittlerweile nur 1.880 gepurzelt ist.

Etwas Positives vermag ich dem Ganzen auch abzugewinnen. Es liegt ein schlagender Beweis vor, dass die Redaktion der Mitteilungen in die eingelieferten Manuskripte nicht eingreift.
Rüdiger

Beitrag von Rüdiger »

Du es schafft, ein angestoßenes Thema kaputtzudiskutieren, indem Du einen Einzelaspekt aus einem größeren Zusammenhang herausreißt und dann schwuppdiwupp in eine ganz andere Richtung lenkst.
Nein, das ergibt sich halt so, das mache ich ja nicht gezielt. Und ist überall in allen Foren immer wieder zu beobachten, da brauche ich gar nicht dabei zu sein, es hat mit mir nichts zu tun.

Ich habe in das Heft noch nicht hineingucken können. Daß es sich aber mit dem besagten Artikel genau so verhält, wie Du es beschreibst, kann ich mir lebhaft vorstellen. Bei der KMG ist ein seltsamer Spagat zu beobachten: viel lästige und krampfhaft wirkende Popularisiererei einerseits in letzter Zeit, auf der anderen Seite immer spezifischer und seltsam anmutender werdende Intellektualität. Wenig Mitte. Leider.
Rolf Dernen
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Registriert: 27. Dez 2005, 23:38

Beitrag von Rolf Dernen »

Zu dem Beitrag von Jürgens: Sowas lese ich nicht zu Ende. Das müßte ich mir erst Satz für Satz ins Deutsche übersetzen, und dafür ist mir die Zeit zu schade. Die Literaturliste ist der Hammer. So ein Ding kann ich zu diversen Themen auch zurechtbasteln, da muß ich nur mal quer durch meine Bücherregale gehen.

Was aber mag das für ein Buch sein, von dem Krauskopf schreibt?Sollte May einen privat gebundenen Band mitgeschleppt haben? Oder ist es nachträglich neu gebunden worden? Das müßte man sich mal genau ansehen...
gilbert5
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Registriert: 3. Jan 2006, 16:23

Beitrag von gilbert5 »

rolfd hat geschrieben:Was aber mag das für ein Buch sein, von dem Krauskopf schreibt?Sollte May einen privat gebundenen Band mitgeschleppt haben? Oder ist es nachträglich neu gebunden worden? Das müßte man sich mal genau ansehen...
Leider wurde das Bild des Fehsenfeld-Bandes nur relativ klein abgedruckt, so dass die Details nicht so genau erkennbar sind. Ich habe aber schon einige Bände in sehr ähnlicher oder sogar gleicher Aufmachung bei eBay im Angebot gesehen. Interessanterweise wurden diese Bände vorzugsweise in den USA angeboten. Vielleicht hat es ja dort damals eine Buchbinderei gegeben, die diese Halbleder-Variante in größerem Stil hergestellt hat.
Hermesmeier

Beitrag von Hermesmeier »

Der Band, den Krauskopf da zeigt, ist eindeutig privat gebunden. Da gibt es überhaupt keine Zweifel, nicht die geringsten.

Die Frage, wie ein Widmungsexemplar einen Privateinband bekommen konnte, ist durchaus berechtigt. Den Friede-Band hat May - soweit ich weiß - immer in der Schneider-Variante verschenkt. An Krauskopfs Spekulationen, May habe den Band auf seine Amerika-Reise mitgenommen und unterwegs verehrt, mag ich mich nicht beteiligen. Vielleicht hat May gar kein Buch mitgenommen und in Amerika nur ein broschiertes Exemplar erwerben können. Vielleicht war der Empfänger Stürmann, der doch immerhin sehr gut situiert war, so spleenig, seine Bücher einheitlich in Halbleder einbinden zu lassen. Oder oder oder...

Solche Überlegungen ändern nichts an der Tatsache, dass das Buch privat gebunden ist. Um das festzustellen, benötige ich keine größere Abbildung.
gilbert5
Beiträge: 8
Registriert: 3. Jan 2006, 16:23

Beitrag von gilbert5 »

Hermesmeier hat geschrieben:Solche Überlegungen ändern nichts an der Tatsache, dass das Buch privat gebunden ist. Um das festzustellen, benötige ich keine größere Abbildung.
Ich habe ja nicht gesagt, dass das Buch maschinell, d.h. mit Gazeheftung gebunden wurde (dafür brauche ich auch keine größere Abbildung). Ein größeres Einbandbild wäre interessant gewesen, um festzustellen, ob die Merkmale (Prägungen/Materialien) mit den mehrfach (und von unterschiedlichen Anbietern) bei eBay angebotenen Halblederbänden übereinstimmen (schwarze Lederrücken mit Gold- und Blindprägungen, bräunlich marmorierte Bezugspapiere). Dass der Band als Handbindung mit Bünden hergestellt wurde, ist zumindest kein Beweis, dass von dieser Einbandvariante nicht eine größere Stückzahl (also deutlich mehr als nur eine einheitliche Serie) von einer Buchbinderei hergestellt werden konnte, zumal vor ca. 100 Jahren.
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